KommentarZollverhandlungen

Riskante Unschärfe beim US-Handelsdeal

EU und USA wollen mit einem Joint Statement die Ergebnisse des Handelsdeals festzurren. Doch sie tun sich schwer damit. Denn vieles ist interpretationsbedürftig.

Riskante Unschärfe beim US-Handelsdeal

US-Handelsdeal

Riskante
Unschärfe

Von Detlef Fechtner

Die Hängepartie zeigt der EU, dass Unverbindlichkeit bei Deals mit Trump einen Preis hat.

Die gute Nachricht lautet: Man verhandelt noch. Der Gesprächsfaden ist nicht gerissen. EU-Chefunterhändler Maroš Šefčovič steht weiter in engem Kontakt mit US-Handelsminister Howard Lutnick und dem Handelsbauftragten Jamieson Greer.

Die schlechte Nachricht lautet: Man verhandelt noch. Mit Betonung auf noch, beziehungsweise: immer noch. Es ist mittlerweile mehr als drei Wochen her, dass sich EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump in Schottland auf einen Rahmen für die künftigen transatlantischen Handelsbeziehungen verständigt haben. Aber der ist rechtlich unverbindlich. Um nun „from rhetorics to specifics“ zu kommen, sind Executive Order und Umsetzungsgesetze erforderlich. Und dafür wiederum braucht es zunächst einmal eine von beiden Seiten abgesegnete Niederschrift des Deals. Genau dieses Joint Statement jedoch verzögert sich. Und verzögert sich. Und verzögert sich abermals.

Gründe für Verzögerung unklar

Spekulationen schießen ins Kraut, woran die Verzögerung liegen könnte. Eine Deutung lautet, dass die US-Seite den verabredeten „Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse“ als Zusage der EU versteht, die Vorgaben für Big Tech im Digital Service Act anzupassen.

Die Europäer können sich jedoch nicht beschweren. Schließlich haben sie ebenfalls dafür gesorgt, dass bei der Verkündigung des Deals auf vage Begriffe zurückgegriffen wurde, damit sich die EU ja nicht verbindlich festlegen muss. Das augenscheinlichste Exempel ist die Zusage milliardenschwerer Einkäufe und Investitionen in den USA. Ob damit lediglich „Kaufabsichten“ gemeint sind, dürfte ein exklusives Verständnis der EU-Kommission sein.

EU ist selbst schuld

Die EU muss sich zu Recht vorhalten lassen, sich auf eine sehr schwammige Verabredung eingelassen zu haben. Gerade aus der Erfahrung mit Trump müsste sie wissen, dass das riskant ist. Wie viel, so muss sich die EU daher fragen lassen, ist der Deal aus Schottland wirklich wert?

Die Hängepartie zeigt, dass die Unverbindlichkeit und Unschärfe einen Preis hat. Aktuell etwa für die europäische Autoindustrie, die ungeduldig darauf wartet, dass der Zoll endlich von 27,5% auf 15% sinkt. Das eigentliche Risiko aber besteht nicht in Verzögerungen, sondern in einem Mangel an Verlässlichkeit. Wenn sich die US-Seite bereits schwer tut, den vereinbarten Basiszollsatz von 15% auch für Autos zur Anwendung zu bringen, dann steht Schlimmes zu befürchten, falls sich die Ukraine demnächst auf Sicherheitsgarantien verlassen muss. Denn was darunter zu verstehen ist, dazu äußert sich Trump äußerst unscharf.