Roadmap ins Nirgendwo
Roadmap ins Nirgendwo
Von Sebastian Schmid
Deep Tech
152 Seiten umfasst der Bericht „Wie Zukunftstechnologien Wachstum und Resilienz stärken können“, den das Beratungsunternehmen BCG im Auftrag des BDI verfasst hat. Das in dieser Woche mit großem Tamtam präsentierte Dokument zeigt wunderbar auf, warum auch in den vier definierten Zukunftstechnologien Künstliche Intelligenz, Robotik, Quantentechnologie und mRNA-Medikamente wohl wieder andere die größten Stücke am Billionenkuchen abgreifen. Zum Teil auch unfreiwillig. Denn die durchaus gute Analyse wird von Handlungsempfehlungen begleitet, die leider absolut ungeeignet erscheinen, hier voranzukommen. In jedem der Bereiche brauche es eine klare Roadmap, alle Stakeholder aus Politik, Unternehmen, Wissenschaft und Gründern müssten mitwirken.
Initiativen ohne Initialzündung
Wunderbar. Das liest sich alles gefällig und ist doch ein Rezept, das in der Vergangenheit genau dazu geeignet war, eben keine Erfolge zu zeitigen. Ein Konsens über viele Gruppen ist meist zu minimal, um Disruption zu ermöglichen. Meist bleibt am Ende der einzige Erfolg, dass die beteiligten Lobby-Vertreter ein paar Milliarden an Fördergeldern zusammentrommeln konnten. Wachstumsdynamik wird sich daraus nicht entfalten. Eine zu pessimistische Sichtweise? Ein Blick in die jüngere Vergangenheit spricht Bände: Wie weit ist die EU Battery Alliance gekommen? Was hat der AI Act gebracht mit Blick auf eine führende Rolle Europas bei Künstlicher Intelligenz? Was bleibt von der Initiative, die Halbleiterproduktion nach Europa zu holen? Und wo steht die Umsetzung der Wasserstoffstrategie?
Bürokratische Hürden
Geld ist sicher ein Faktor, der für Innovation nötig ist. Und hier hinkt Europa schon hinterher, weil insbesondere in den USA mehr privates Kapital mobilisiert werden kann. Aber auch alles Geld der Welt kann die bürokratischen Hürden nicht aus dem Weg räumen, die Europa mit Verve aufstellt. Kaum ein Unternehmen stöhnt nicht über den AI Act. Und auch wenn sich die großen Firmen mit der DSGVO arrangiert haben, kann sie für junge Unternehmen und digitale Geschäftsmodelle zum Bremsklotz mutieren. In der Chemieindustrie sind es nicht in erster Linie die Kosten, die zu einer Verlagerung ins Ausland geführt haben, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen. Etwa weil bestimmte Chemikalien in Europa nicht zulässig sind. Das Endprodukt aus China ist es dann aber oft schon. Solange das so bleibt, führt jede neue Roadmap ins nirgendwo.