LEITARTIKEL

Route wird neu berechnet

Im Rennen um das Zukunftsgeschäft mit selbstgesteuerten Fahrzeugen haben General Motors (GM) und Waymo, eine Tochter des Internetkonzerns Alphabet, vor wenigen Tagen noch einmal das Tempo erhöht. Der größte US-Automobilkonzern kann sich bei der...

Route wird neu berechnet

Im Rennen um das Zukunftsgeschäft mit selbstgesteuerten Fahrzeugen haben General Motors (GM) und Waymo, eine Tochter des Internetkonzerns Alphabet, vor wenigen Tagen noch einmal das Tempo erhöht. Der größte US-Automobilkonzern kann sich bei der kostspieligen Entwicklung von autonom gesteuerten Wagen künftig auf die Finanzkraft des japanischen Mobilfunkkonzerns Softbank mit seinem 100 Mrd. Dollar schweren Technologiefonds stützen, der sich für mehr als 2 Mrd. Dollar an der GM-Tochter Cruise beteiligt. Waymo, in der bei Alphabet alle Aktivitäten rund um selbstfahrende Autos gebündelt sind, die vor neun Jahren unter dem Dach von Google gestartet wurden, hat die Zusammenarbeit mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) ausgebaut und die Erweiterung der eigenen Fahrzeugflotte um bis zu 62 000 Minivans von Chrysler angekündigt.Wer jetzt noch einen Weckruf braucht, kann ruhig hinter dem Lenkrad weiterschlafen – jedenfalls solange es noch eines gibt. Denn Waymo und GM gelten nach Einschätzung von Experten schon bisher als führend bei der Entwicklung von selbstgesteuerten Fahrzeugen. Die nun verkündeten Deals unterstreichen nicht nur die Ambitionen der ungleichen Konkurrenten, die in diesem und im nächsten Jahr die ersten kommerziellen Angebote mit selbstgesteuerten Fahrzeugen starten wollen. Die Partnerschaften mit FCA und Softbank machen auch die größten Schwachstellen der Konzerne auf dem Weg zum autonomen Fahren dicht. GM sichert sich mit der Beteiligung von Softbank frisches Kapital und mehr Flexibilität im kapitalintensiven Kerngeschäft. Der Einstieg der Japaner, die auch Investitionen bei anderen Autobauern mit Blick auf die Aussichten für selbstgesteuerte Fahrzeuge geprüft haben sollen, gilt außerdem als Prüfsiegel für die Fortschritte von GM mit der vor zwei Jahren für rund 1 Mrd. Dollar erworbenen Cruise, die bei dem Deal mit mehr als 11 Mrd. Dollar bewertet wird. Das dürfte nicht nur bei Investoren von GM, die den Einstieg von Softbank mit einem Kurssprung quittierten, die Akzeptanz stärken, sondern den Autobauer auch im Wettbewerb um Talente unterstützen. Der neue Investor gehört zudem zu den wichtigsten Geldgebern der führenden Fahrdienstvermittler Uber, Didi Chuxing und Grab, die die Zukunft ihres Geschäftsmodells eng mit der Entwicklung von fahrerlosen Autos verbunden sehen. Schließlich könnte die Transaktion als Blaupause für weitere Kooperationen oder für einen Börsengang der Tochter GM Cruise dienen, an der Softbank ein Fünftel halten wird.Alphabet zeigt durch den Ausbau ihrer Kooperation mit FCA , dass der Internetkonzern weiterhin keine Ambitionen hat, in den Bau von Fahrzeugen einzusteigen. Stattdessen soll die mit Software und Sensoren von Waymo ausgestattete Flotte von Chrysler-Minivans des Konzerns glatt verhundertfacht werden. Die Freude bei Automobilherstellern über den Deal dürfte sich dennoch in Grenzen halten. Der Umfang der Fahrzeugbestellung macht jedenfalls noch einmal deutlich, dass Waymo mit dem noch für dieses Jahr angekündigten Fahrdienstangebot große Pläne hat. Bereits im März hatte Waymo 20 000 Autos bei Jaguar bestellt. Außerdem ist eine Kooperation mit Honda in Arbeit. Die schon länger schwelende Sorge, dass Internetkonzerne wie Alphabet das Geschäftsmodell für die autonom gesteuerte Zukunft der Mobilität perfektionieren und schließlich dominieren könnten, während die meisten Autohersteller noch an der Grundlagentechnologie werkeln, hat in der vergangenen Woche neue Nahrung erhalten.Trotz der Fortschritte bei Waymo und GM, die von Marktbeobachtern vor den Konkurrenten Daimler, Aptiv, Zoox, Renault-Nissan, Volkswagen, BMW, Toyota und Ford gesehen werden, macht der Bordcomputer zur Ankunftszeit am Ziel “autonomes Fahren” keine genauen Angaben. Fünf bis zehn Jahre wird es selbst nach Einschätzung von Technologieenthusiasten noch dauern, bis Roboterautos in relevantem Umfang zum Einsatz kommen. Wie schnell die Ampel auf Rot springen kann, haben der Fahrdienstvermittler Uber und der Elektroautopionier Tesla erfahren, deren Ambitionen durch tödliche Unfälle mit selbstgesteuerten Fahrzeugen abrupt gebremst wurden. Das hat die Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen, die die Distanz zum kommerziellen Erfolg von autonomen Wagen maßgeblich verlängern könnten. Die Route wird wohl nicht zum letzten Mal neu berechnet. In der Startaufstellung für die Wettfahrt der Roboterautos stehen Waymo und GM aber in der ersten Reihe.—–Von Stefan ParaviciniGM und Waymo erhöhen im Rennen der Roboterautos das Tempo. Wer jetzt noch einen Weckruf braucht, kann hinter dem Lenkrad weiterschlafen.—–