Frankfurt

Schnitzel und Masern

Eineinhalb Jahre arbeiten von zuhause hat uns so manche Smalltalk-Skills und andere Büro-Fähigkeiten gekostet. Mit der Rückkehr ins Büro muss sich wohl so mancher umgewöhnen.

Schnitzel und Masern

Anderthalb Jahre war es für viele das Zentrum des Lebens: das Homeoffice. Nun aber verwaist das Büro in den eigenen vier Wänden langsam wieder. Der Anteil der Beschäftigten, die zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, ist bereits spürbar gesunken, berichtet das Ifo-Institut. Im Juli lag der Anteil derer, die ihren Arbeitsplatz temporär auf die Wohnzimmercouch verlegt haben, nur noch bei 25,5%. Das heißt zwar im Umkehrschluss nicht, dass die Büros im Frankfurter Bankenviertel schon wieder proppenvoll sind. Schließlich ist ja Haupturlaubszeit – viele Banker und Vermögensverwalter sind gerade dabei, in der Sommerfrische das eigene Geld zu verprassen, während sie den Rest des Jahres das Geld der Kunden behutsam managen. Aber man merkt durchaus, dass sich die Büroetagen langsam wieder füllen.

Natürlich hat die Pandemie Spuren in der alltäglichen Zusammenarbeit hinterlassen. Das gilt beispielsweise für Konferenzen und Sitzungen. Webex, Teams & Co. haben diese Zusammenkünfte in den vergangenen Monaten erheblich rationalisiert. Online hat nicht nur zur Pünktlichkeit erzogen, sondern auch zur Versachlichung. Kalauer und Anekdoten zu erzählen macht sowieso keinen rechten Spaß, wenn man sich erst „unmuten“ muss. Insofern hat die Notwendigkeit, sich digital abzusprechen, zu einer merklichen Straffung der Diskussionen geführt. Statt länglicher Schleifen klare Ansagen: „Wie ist der Juni gelaufen?“ „Zwei Prozent plus gegen Vormonat.“ Selbst die kurze Teams-Schalte zwischendurch mit Ehemann oder Ehefrau ist von einem effizienten Kommunikationsstil geprägt. „Was gibt es zu essen und wie geht es den Kindern?“ „Schnitzel und Masern.“

Jetzt, beim Wiedersehen mit den Kollegen „in real life“, muss man sich erst wieder dran gewöhnen, dass jedes noch so ernsthafte Gespräch ja eigentlich im Plauderton eröffnet wird. Mit 18 Monaten Trainingsrückstand fällt dieser Smalltalk schwer. „Und, wie?“ „Naja, muss.“ „Und selbst?“ „Dito.“

Sogar der Flurfunk ist nach so langer Pause recht beschwerlich. Die Online-Kommunikation hat die Aufmerksamkeitsspannen nochmals verkürzt. Der Geschichte eines Kollegen zu folgen, ohne dabei zwischenzeitlich die eigenen Mails zu checken und der „Kicker“-Website eine Stippvisite abzustatten, erfordert mittlerweile Langmut und Geduld. Schließlich haben es die meisten ja seit Frühjahr vorigen Jahres perfektioniert, beim Online-Meeting den Eindruck zu erwecken, dass sie ganz bei der Sache sind. Obwohl sie klammheimlich außerhalb der Reichweite ihrer PC-Kamera eifrig mit ganz anderen Dingen beschäftigt waren. Und wenn tatsächlich einmal Gefahr in Verzug war, dabei aufzufliegen, gab es ja stets die Notbremse der vermeintlichen Störung: „Tut mir leid, ich höre Euch nur noch sehr abgehackt, ich wähle mich noch einmal neu ein.“ Diese einfache Fluchtmöglichkeit bietet sich nun nach Rückkehr ins Büro und Wiedereingliederung in den Offline-Alltag nicht mehr. Was Wunder, dass mancher Kollege vorschlägt, man könne ja selbst dann, wenn alle wieder im Büro arbeiten, online konferieren.