Schwere Achslast für Europa
Frankreich
Schwere Achslast für Europa
Von Angela Wefers
Die instabile Regierung in Paris belastet die deutsch-französische Achse. Dabei wird sie als Triebkraft in Europa benötigt.
Die Turbulenzen in der französischen Regierung kommen für Deutschland zur Unzeit. Und auch für Europa. Schon in zwei Wochen könnte wieder eine französische Regierung stürzen. Premierminister François Bayrou will wegen des Streits über den Haushalt in der zweiten Septemberwoche die Vertrauensfrage stellen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er sie verliert.
Erst im Dezember war sein Vorgänger Michel Barnier nach nur drei Monaten Amtszeit über ein Misstrauensvotum gefallen: Im Parlament hat das Mitte-Lager der Regierung keine Mehrheit. Ein erneuter Sturz der Regierung würde vor allem auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schwächen. Bayrou ist schon der siebente Regierungschef in dessen Amtszeit.
Die Instabilität der Regierung in Paris lastet auf der deutsch-französischen Achse. Seit Amtsantritt von Kanzler Friedrich Merz sind beide Länder wieder zusammengerückt. Merz und Macron agieren eng abgestimmt in den Bestrebungen, für die Ukraine eine tragbare Lösung aus dem Angriffskrieg durch Russland zu finden. Sie bilden den Nukleus der europäischen Gruppe, die US-Präsident Donald Trump auf einen auch für Europa gangbaren Weg leiten will.
Erschwerte Bedingungen für Ministerrat
Macron erweist Merz Wertschätzung. Vor dem 25. Deutsch-Französischen Ministerrat Ende der Woche hat er ihn in die Präsidentenresidenz des meeresumspielten Fort Brégançon bei Toulon eingeladen. Nur die Amtsvorgänger Helmut Kohl und Angela Merkel waren schon dort. Der Ministerrat steht im Zeichen der Wirtschaftspolitik und der gemeinsamen Sicherheitspolitik. Einige Fachminister, darunter Wirtschaft und Finanzen, sind neben den Regierungschefs dabei. In Berlin war von „großen Papieren“ die Rede, die für das Treffen vorbereitet werden – darunter die Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion. Sie könnten in Europa einen wichtigen Anstoß für die Entscheidung geben. Vereinbarungen haben aber wenig Wert, wenn sie eine Regierung trifft, die bald nicht mehr im Amt ist.
Ein weiteres schlechtes Signal geht von Paris aus. Bayrous Sparbemühungen sind kein Selbstzweck, sondern ein Versuch der Rückkehr zur Fiskaldisziplin. Frankeichs Schulden steigen bedrohlich: nach dem EU-Stabilitätspakt und nach Einschätzung der Kapitalmärkte. Fehlt die Tragfähigkeit der Finanzen in einem großen Mitgliedsland, ist die Finanzstabilität in ganz Europa gefährdet.