Notiert inTokio

Sinnfreie Expo in Osaka

Die chaotischen Vorbereitungen zur Weltausstellung 2025 in Osaka, Japans zweitgrößter Metropolregion, entwickeln sich zu einem größeren Spektakel als die Veranstaltung selbst.

Sinnfreie Expo in Osaka

Notiert in Tokio

Sinnfreie Expo in Osaka

Von Martin Fritz

Bei Veranstaltern und Teilnehmern wachsen die Zweifel an der World Expo 2025 in Osaka. Die Baukosten für die Weltausstellung stiegen bereits um das Doppelte auf 235 Mrd. Yen (1,5 Mrd. Euro). Doch 500 Tage vor der Eröffnung am 13. April 2025 haben die Arbeiten an Gebäuden und Hallen auf der künstlichen Insel Yumeshima in der Bucht von Osaka immer noch nicht begonnen. Daher riefen die Veranstalter nun 500 Vertreter der über 160 teilnehmenden Nationen und Organisationen zusammen, um ein Krisenbewusstsein zu wecken.

Denn die Zeit wird knapp. 56 Länder wollen eigene Pavillons entwerfen und von Baufirmen in Japan errichten lassen. Aber nur die Hälfte davon, darunter Frankreich und Italien, haben detaillierte Entwürfe öffentlich vorgestellt. Deutschland stellte seinen offiziellen Bauantrag am 7. November. Doch vergangene Woche sagten Mexiko und Estland ihre Pavillons und auch gleich ihre Teilnahme ab, offenbar aus finanziellen Gründen. Wegen des geringen Fortschritts bieten die Expo-Organisatoren inzwischen eine günstigere Bauoption an – eine vorgefertigte Struktur, die sich innen und außen dann individuell gestalten lässt.

Staatliche Versicherung

Auch die japanische Seite kommt nicht voran. Für einige der acht Themenpavillons, die die „Japan Association for the 2025 World Exposition“ selbst bauen will, fehlt der Bauunternehmer. Die Zentralregierung verhandelt daher nun mit einem Baukonzern, der als Generalunternehmer alle acht Gebäude errichten soll. Außerdem bietet der Staat den Baufirmen jetzt eine Versicherung gegen einen Zahlungsausfall an, damit sie die Bauaufträge der ausländischen Teilnehmer annehmen.

Immerhin haben die Arbeiten an dem geplanten Wahrzeichen der Expo, dem über 200 Mill. Euro teuren Grand Roof, begonnen. Der renommierte Architekt Sosuke Fujimoto entwarf die ringförmige Holzkonstruktion mit einem Durchmesser von 675 Metern, die das Gelände umfasst. Unter dem Dach des 30 Meter breiten Rings aus 20.000 Kubikmetern Holz finden die Besucher Schutz vor der Sonne.

Die Ursachen für die Verzögerungen sind schnell gefunden: Der Bauindustrie fehlen die Arbeitskräfte, die Preise für Baumaterialien sind rasant gestiegen, und die japanische Bürokratie bremst mit ihren Forderungen nach Lizenzen, Genehmigungen und Vorschriften. Einem europäischen Land wurde von einem der größten Bauunternehmen mitgeteilt, dass es den gewünschten Pavillon auf jeden Fall fertigstellen wird – allerdings einen Monat nach Abschluss der Veranstaltung. Der Generalsekretär vom Bureau International des Expositions, das alle Weltausstellungen beaufsichtigt, forderte daher eine Vereinfachung des Verfahrens. „Die restlichen 500 Tage werden extrem schnell vergehen“, warnte Dimitri Kerkentzes.

Abriss nach sechs Monaten

Die Bürger wenden sich kopfschüttelnd ab. Laut der neuesten Umfrage halten zwei Drittel der Wähler der Regionalpartei Nippon Ishin no Kai die Expo für unnötig. Diese Partei, die Osaka regiert, hatte sich für die Ausrichtung der Expo eingesetzt. Absage oder Verschiebung kommen jedoch nicht in Frage. Wie geplant beginnt der Kartenverkauf am 30. November, der Eintritt für Erwachsene kostet 7.500 Yen (46 Euro). Die Veranstalter rechnen auf der Basis früherer Expos mit 28 Millionen Besuchern, davon 3,5 Millionen aus dem Ausland.

Das Chaos wirft erneut die Frage auf, welchen Zweck eine Weltausstellung im Internetzeitalter haben soll, wenn schon ein einzelnes Youtube-Video mehr Besucher anlocken kann. Auch ein inhaltlicher Widerspruch erschwert die Kommunikation: Ungeachtet des Subthemas „Nachhaltigkeit“ sollen alle Expo-Bauten nach der sechsmonatigen Laufzeit vollständig abgerissen werden. Für einen Lichtblick sorgt derzeit lediglich das Maskottchen „Myaku-Myaku“ mit seinem blauen Wasserkörper und seinen fünf rollenden Augäpfeln in einem donutförmigen Kopf. Der erfrischend andere Designansatz für eine Event-Figur stieß auf viel Zustimmung.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.