KommentarAutoindustrie

Spät gereifte Erkenntnis

Die deutschen Autohersteller und größten Zulieferer arbeiten jetzt gemeinsam am Fahrzeug der Zukunft. Die Software-Kooperation hätte früher kommen müssen, aber noch bleibt etwas Zeit.

Spät gereifte Erkenntnis

Autoindustrie

Spät gereifte
Erkenntnis

Von Joachim Herr

Die deutschen Autohersteller und größten Zulieferer arbeiten jetzt gemeinsam am Fahrzeug der Zukunft. Die Software-Kooperation hätte früher kommen müssen, aber noch bleibt etwas Zeit.

Jetzt aber Tempo! Die deutsche Automobilindustrie – alle Hersteller und die drei größten Zulieferer – wollen gemeinsam und schneller Software fürs Fahrzeug entwickeln. Das ist sinnvoll, da es nicht nur die Arbeitsdauer verkürzt, sondern auch Kosten reduziert. Es geht um eine Basissoftware mit Funktionen, mit denen sich die Autoproduzenten ohnehin nicht voneinander unterscheiden können: System- und Kommunikationsdienste. Um einen Vergleich zu ziehen: Das Rad müssen ja nicht mehrere allein erfinden.

Bis diese Erkenntnis in der Industrie gereift ist, dauerte es allerdings lange. Die vom Branchenverband VDA angestoßene Initiative kommt recht spät. Die komplexe juristische Vorbereitung verzögerte das Vorhaben zusätzlich. Die Autohersteller haben bisher auf eigene Faust – wenn auch mit Partnern aus der Zulieferer- und Technologiebranche – am softwaredefinierten Fahrzeug gearbeitet. Das hat mehr Zeit und Geld gekostet, als notwendig gewesen wäre. Spektakulär sind die Misserfolge von Cariad, der Softwaretochterfirma von Volkswagen. Jetzt wird dieses Unternehmen neu geordnet und rund ein Drittel der Arbeitsplätze fallen weg.

Nicht von heute auf morgen

In fortgeschrittenem Stadium die Entwicklungen der verschiedenen Unternehmen auf einer Plattform zusammenzubringen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe und nicht von heute auf morgen zu lösen. Aber der Anfang ist gemacht. Es geht für die deutsche Autoindustrie darum, sich im Wettbewerb mit den US-amerikanischen Technologiekonzernen für das Fahrzeug der Zukunft zu behaupten. Freilich schließt das nicht Kooperationen auch mit diesen Unternehmen aus. Mercedes-Benz zum Beispiel nutzt für das eigene Betriebssystem die Navigationstechnik von Google.

Auch Infotainment ist ein Feld für eine sinnvolle Zusammenarbeit mit den Technologiekonzernen. Anders sieht es für die klassischen Elemente und Funktionen eines Autos aus: etwa Antrieb, Lenkung und Bremsen. Das muss die Domäne der deutschen Autoindustrie bleiben, wenn sie der Architekt ihrer Produkte bleiben und die Wertschöpfung für das Fahrzeug der Zukunft – das softwaredefinierte Auto – behalten will. Die Initiative der Elf kann dafür einen Beitrag leisten. Sie kommt spät, aber noch nicht zu spät.

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