Stuttgart-21-Vibes in Mainhattan
Stuttgart-21-Vibes in Mainhattan
Notiert in Frankfurt
Stuttgart-21-Vibes in Mainhattan
Von Daniel Schnettler
Im Frankfurter Stadtgebiet ploppen vermehrt Baustellen-Absperrungen auf. Rund um den Hauptbahnhof, am Mainufer, im Osthafen und kurz vor der Offenbacher Stadtgrenze. Plakate an den Bauzäunen verraten, um welches Projekt es sich handelt: den Fernbahntunnel Frankfurt, durch den Deutschlands wichtigster Bahnknotenpunkt zukunftsfähig gemacht werden soll.
Eigentlich eine fantastische Idee, ist das Bahnnetz derzeit doch hoffnungslos überlastet. Welcher Reisende hat nicht schon minutenlang vor dem Frankfurter Hauptbahnhof gewartet, bis sein Zug endlich einfahren durfte. Gleichzeitig lässt das Vorhaben „Fernbahntunnel“ so manchen Reisenden Schlimmes erahnen: Deutsche Bahn – Tunnel – Umbau des Hauptbahnhofs. Das kommt einem doch bekannt vor.
Hunderte Meter Behelfskonstruktion
Im anderthalb Zugstunden entfernten Stuttgart versucht der dysfunktionale Staatskonzern seit 15 Jahren, einen ehedem leidlich funktionierenden oberirdischen Bahnhof unter die Erde zu verlegen. Seit sechs Jahren soll das Vorhaben abgeschlossen sein. Stattdessen rollt bislang kein einziger Zug unterirdisch, und Reisendende müssen hunderte Meter über eine Behelfskonstruktion laufen, um zu ihrem Gleis oder in die Stadt zu gelangen. Wann Stuttgart 21 endlich eröffnet wird? Angeblich Ende 2026.
Zugegeben: Die Dimensionen in Frankfurt sind kleiner als in Stuttgart. Es geht darum, dass Fernzüge künftig unter der Stadt verkehren sollen anstatt wie bisher eine große Schleife über eine Mainbrücke und durch den Stadtteil Sachsenhausen zu drehen. Der Hauptbahnhof soll dafür durch vier unterirdische Bahnsteige ergänzt werden, an denen künftig der Großteil der Fernzüge hält. Zum einen würde dies die chronisch verstopften oberirdischen Gleisanlagen in Frankfurt entlasten und die alltäglichen Verspätungen im Nah- und Fernverkehr reduzieren helfen. Zum anderen müssten die Fernzüge nicht mehr im 1888 eingeweihten Kopfbahnhof wenden, was alleine schon die Fahrtzeiten verkürzen würde. Das Projekt ist Teil des geplanten Deutschlandtakts der Bahn.
Provisorien, Dreck und Baulärm
Nach den Erfahrungen mit Stuttgart 21 ist die naheliegende Sorge allerdings, dass jahre- bis jahrzehntelange Bauarbeiten die Reisenden und die Bewohner der Stadt quälen werden. Es wird zu Verkehrsbeeinträchtigungen, Provisorien, Dreck und Baulärm kommen.
Die Baustellen-Absperrungen bieten einen kleinen Vorgeschmack auf das, was kommen mag. Es handelt sich um Probebohrungen, um die Beschaffenheit des Untergrunds zu erkunden. An 150 Stellen im Stadtgebiet und am gesperrten Gleis 3 im Hauptbahnhof werden Gesteinsproben genommen. Mithilfe der gewonnen Erkenntnisse soll die genaue Routenführung und Anbindung an das bestehende Gleisnetz bestimmt werden. Die Entscheidung für die Trassenführung dürfte dann im kommenden Jahr fallen. Mit dem Bau soll spätestens Anfang der 2030er Jahre begonnen werden. Anfang der 2040er Jahre sollen die Züge rollen. Wenn alles klappt ...
