Tanz des Drachen mit dem Elefanten
Notiert in Schanghai
Tanz des Drachen mit dem Elefanten
Von Norbert Hellmann
Beim Stichwort Indienreise machen praktisch alle Chinesen einen gequälten und sorgenvollen Gesichtsausdruck. Die spontane Assoziation ist nicht kulturelle Bereicherung und spannende neue Eindrücke, sondern Chaos, Gefahr und Lebensmittelvergiftung. Für andere indisch geprägte Schwellenländer wie beispielsweise Nepal oder Sri Lanka gilt das aber nicht. Sie werden völlig unbekümmert angesteuert. Wird sich das demnächst ändern?
Denn China und Indien feiern nun offiziell ihre Annäherung. Die Causa Trump mit handelspolitischen Attacken des US-Präsidenten auf beide Länder steht dazu Pate. Auch schafft die geopolitische Positionierung im Dreieckverhältnis mit Russland eine neue Interessenlage zwischen zwei Nachbarn mit immer wieder aufflackernden Grenzkonflikten.
Bonhomie und Bonmots
Sieben lange Jahre hat es gedauert, bis sich ein indischer Regierungschef mal wieder auf chinesischem Boden hat blicken lassen und dort auch noch äußerst gern gesehen wurde. Das Jahrestreffen des regionalen Sicherheitsbündnis Shanghai Cooperation Organisation (SCO) brachte den geeigneten Rahmen. Territoriale Streitigkeiten sollen konstruktiv beigelegt und wirtschaftliche Kooperation neu belebt werden. Es herrscht Bonhomie. Indiens Premier Narendra Modi versichert, dass China und Indien sich keineswegs als Rivalen, sondern als Partner verstehen. Chinas Präsident Xi Jinping beschwört den vielversprechenden „Tanz des Drachen mit dem Elefanten“. Nach Jahren kaum verhohlener Gegnerschaft steht der Pas de Deux allerdings vor einigen Hindernissen. Es hapert bei den Grundstrukturen.
Shanghai-Mumbai und zurück?
Damit die Geschäftswelt wieder besser zueinander findet, müssen erst einmal gescheite Flugverbindungen her. In der Pandemie wurden sie abgeschafft und dann trotzig nie wiederbelebt. Zwischen den Wirtschaftskapitalen Mumbai und Schanghai locker hin und her jetten ist nicht. Der Blick ins Buchungsportal führt zu komplexen Umsteigemanövern mit nicht gerade straffen Reisezeiten zwischen 17 und 31 Stunden.
Einen chinesischen Bekannten hatte es erwischt. Sein Arbeitgeber brummte ihm eine Geschäftsreise nach Mumbai auf. Der Bekannte sieht dem Business Trip mit dem Euphorie-Level einer Zahnwurzelbehandlung entgegen. Was kann ihn noch retten? Vielleicht die einigermaßen berüchtigte Verwaltungsbürokratie auf dem Subkontinent mit noch schleppender Geschäftsvisaerteilung bei den Konsulaten in China.
Geschäftsvisa mit Tücken
Das Antragsverfahren hat es in sich. Gefordert werden zwei Dutzend Belege, Bestätigungen und Urkunden. Sie reichen von notarieller Beglaubigung der Geschäftslizenz des Unternehmen, über Gehaltsnachweise, und Gesundheitsatteste bis hin zu akademischen Gesinnungsprüfung. Er muss belegen zu welchem Thema mit welcher Benotung die mehr als 30 Jahre zurückliegende Diplomarbeit erfolgte - und bekunden ob und wo genau sich Muttermale am Körper befinden. Bis zur Deadline im Oktober wird dem Antrag vielleicht nicht stattgegeben.