Trumps Staatskapitalismus ist Gift für Unternehmen und Aktionäre
Staatseingriffe
Trumps giftige Pillen
Von Alex Wehnert
Die Interventionen der US-Regierung in der Privatwirtschaft werden zu einer massiven Fehlallokation von Kapital führen und Unternehmen in strategische Dilemmata stürzen.
Mit seinen Eingriffen in die Privatwirtschaft wird US-Präsident Donald Trump eine gewaltige Wertvernichtung für Unternehmen und ihre Aktionäre auslösen. Denn seine Interventionen erfolgen aus dem Trotz und der Eitelkeit eines Mannes heraus, der sich für den größten Dealmaker der Neuzeit hält und doch simple ökonomische Prinzipien nicht versteht. Auf Social Media prahlt der Republikaner, die rund zehnprozentige Beteiligung an Intel sei 11 Mrd. Dollar wert, er habe jedoch gar nichts dafür bezahlt. Das Problem bei diesem vermeintlich heißen Schnapper, der durch die Umwidmung von Fördermitteln aus dem Chips Act von Amtsvorgänger Joe Biden möglich wird: Ein tieferer Sinn der Transaktion erschließt sich nicht – im Gegenteil: Washington erschwert dem strauchelnden Chipkonzern den Umbau zu einem modernen, konkurrenzfähigen Unternehmen.
Denn die Vereinbarung mit Intel schließt ein fünfjähriges Recht der USA auf die Übernahme weiterer 5% an Intel zu 20 Dollar pro Aktie ein, sollten die Kalifornier die Mehrheit an ihrer Auftragsfertigung abgeben. Die verantwortliche Foundry-Sparte schrieb im zweiten Quartal 2025 einen operativen Verlust von 2,8 Mrd. Dollar. Citigroup und andere Wall-Street-Adressen pochen auf eine Veräußerung des Geschäfts, in dem Intel bisher daran scheitert, mit Foundry-Spezialisten wie TSMC zu konkurrieren.
Angriff auf Vorreiterstellung von Nvidia
Indem Trump mit seiner Staatsoption einen Ausstieg aus dem Verlustgeschäft praktisch unmöglich macht, verabreicht er nicht nur dem einstigen Dominator der Halbleiterbranche eine Giftpille. Er lässt auch durchblicken, dass er US-Abnehmer entlang der Lieferkette dazu zwingen könnte, künftig amerikanische Auftragsfertigung in Anspruch zu nehmen – und sie damit also zur Ansteckung bei einem dahinsiechenden Patienten verdammt. Die Vorreiterstellung von Nvidia, der eine wachsende chinesische Konkurrenz winkt und die mehr denn je von einer verlässlichen Umsetzung ihrer hochkomplexen Designs abhängig ist, droht in einem solchen Szenario ins Wanken zu geraten.
Trumps Staatskapitalismus dürfte dabei nicht nur im Halbleitersektor zu einer massiven Fehlallokation von Kapital und Ressourcen führen. Unter dem Republikaner hat sich Washington auch auf unkonventionelle Weise in die Saga um die Übernahme von US Steel durch Nippon Steel eingemischt. Biden hatte den Deal unter Verweis auf die Bedeutung einer unabhängigen Stahlproduktion für die nationale Sicherheit blockiert. Doch Trump ordnete eine neue Prüfung an, die Übernahme ging schließlich unter Auflagen über die Bühne. So hält die Regierung eine goldene Aktie, die ihr ein Veto-Recht bei strategischen Entscheidungen für US Steel einräumt.
Trump zwingt Unternehmen Agenda auf
Damit besitzt sie die Möglichkeit, politisch inopportune, für die Gesundheit des in Pittsburgh ansässigen Unternehmens aber möglicherweise notwendige Maßnahmen wie Fabrikschließungen oder den Abbau von Arbeitsplätzen im potenziell wahlentscheidenden „Swing State“ Pennsylvania zu blockieren. Nippon Steel muss sich dabei mit einem von Washington eingesetzten Direktor im Verwaltungsrat von US Steel herumschlagen. Dass das Trump-Lager beiden Unternehmen nach und nach auch in Punkten, die nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun haben, die eigene Agenda aufzwingt, ist damit praktisch programmiert. Der Präsident hat in den vergangenen Monaten einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er vor nichts zurückschreckt, um sich selbst zu bereichern. Dass er den Einfluss seiner Regierung auf einen milliardenschweren Konzern nutzen könnte, um diesen etwa zu zwingen, liquide Mittel statt in Zukunftstechnologien wie grünen Stahl in Kryptowährungen wie die Meme Coins des Trump-Clans zu investieren, liegt durchaus nahe.
Wie auch immer Trumps konkrete Mission bei US Steel aussieht: Sie wird kaum im Zeichen der nationalen Interessen der USA stehen. Allein dass die goldene Aktie existiert, mindert den Wert einer Beteiligung an dem Konzern für andere Investoren. Noch schwerer fällt die Verwässerung in Fällen aus, in denen der Staat auch finanziell beteiligt ist. Und Trump macht deutlich, dass er den miesen Deal mit Intel zu einer Blaupause für seine Industriepolitik machen will. Doch damit pumpt er Steuermittel in Unternehmen, deren Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme über den freien Markt noch gar nicht erschöpft sind. Welche volkswirtschaftlichen Belastungen solche Bailouts nach sich ziehen können, hat der Nachgang der Finanzkrise ab 2008 gezeigt – dass Trump dieses Mittel nun ungezwungen einsetzen will, liefert einen weiteren Beleg für seinen mangelnden ökonomischen Sachverstand.
Politische Hypotheken
Denn wenn er wie im Fall Intel Fördermittel in Beteiligungen umwandelt, stellt er auf einen Schlag Cash bereit, statt den Fluss von Subventionen wie im Rahmen des Chips Act geplant an bestimmte Vorgaben zu knüpfen. Die Gelder sind in Trumps präferiertem Szenario zudem im Unternehmen gebunden und fließen über Dividenden deutlich langsamer an die Regierung zurück als zum Beispiel durch Rückführungsvereinbarungen für dynamische Gewinne, die im Chips Act festgehalten waren. Auf der anderen Seite bedeutet dies für das jeweilige Unternehmen, dass zu freien Investitionen eingeplante Gelder plötzlich mit politischen Hypotheken verbunden sind, die zum Beispiel reale Kostennachteile gegenüber internationalen Konkurrenten mit Fertigungsschwerpunkt in Entwicklungs- und Schwellenländern nach sich ziehen.
Die Geschichte ist voll von Beispielen, in denen sich US-Bundesstaaten, aber auch Washington direkt an privatwirtschaftlichen Projekten beteiligten. Gängige Praxis war dieser Staatskapitalismus aber schon seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr – aus gutem Grund. Denn in der Regel führt er zu Interessenkonflikten, Korruption, Verschwendung und der beschriebenen Fehlallokation von Kapital. Dass Trump nun so locker giftige Pillen an Intel und Konsorten verteilt, sollte sowohl Aktionären als auch Steuerzahlern übel aufstoßen.