„Trumpugees“ wird der Arztbesuch zu teuer
„Trumpugees“ wird der Arztbesuch zu teuer
Notiert in Washington
„Trumpugees“ wird der Arzt zu teuer
Von Peter De Thier
US-Präsident Donald Trump geht rabiater gegen politische Gegner und Kritiker vor als während seiner ersten Amtszeit. Auch sind seine Bemühungen, den Rechtsstaat zu unterlaufen, konsequenter und besser organisiert. Ein Trend ist gegenüber Trumps ersten vier Jahren im Weißen Haus aber unverändert geblieben: Der Präsident schlägt seine Landsleute in die Flucht. Viele sagen, dass sie schlichtweg die Erosion der größten westlichen Demokratie nicht verschmerzen können. Andere geben handfeste ökonomische Gründe an. Genauer gesagt: Die explodierenden Kosten der Krankenversorgung, die übrigens auch Unternehmen wachsende Sorgen bereiten.
Wie eine Studie des Harris Instituts ergab, haben seit dem Beginn von „Trump 2“ 42% aller erwachsenen US-Bürger mit dem Gedanken gespielt, permanent in ein anderes Land überzusiedeln. Der Befragung zufolge waren sogar 52% der Millennials, die also zwischen 1981 und 1996 geborden wurden, bereit, den USA permanent den Rücken zu kehren. Fast zwei Drittel der „Gen Z“ Generation, die nach 1996 zur Welt kamen, könnten sich ernsthaft vorstellen, woanders zu leben.
Genannt werden die Auswanderer „Trumpugees“ - eine Anspielung auf „refugee“, das englische Wort für Flüchtling. Viele geben als Grund an, dass sie ein Abgleiten ihres Heimatlandes in eine Autokratie fürchten. Andere bangen um den Erhalt von Bürgerrechten. Einige nennen wiederum die tiefe politische Spaltung und eine Einwanderungspolitik, die der amerikanischen Tradition widerspricht, der weltrgößte Schmelztiegels zu sein.
Neu ist hingegen ein anderes Argument: Gerade Personen, die häufig krank sind, klagen darüber, dass Trump sein Versprechen, die Geundheitskosten zu senken, nicht nur nicht eingelöst hat. Eingetreten sei sogar das Gegenteil Ein Beispiel ist Amy Williard aus Colorado Springs. Die 61-Jährige war seit 2009 drei Mal krebskrank. Während der Corona-Pandemie machte ihre Hausreinigungsfirma pleite. Medicaid, die staatliche Krankenversicherung für ärmere Haushalte, deckte nicht annähernd die Kosten der Behandlung, die sich auf fast eine halbe Million Dollar belaufen hatten.
Amy stieß auf eine Studie des Staats New York, wonach weltweit 30 Länder „universal healthcare“ haben. Also eine umfassende, staatliche Pflichtversicherung. Damit war die Entscheidung gefallen. Die Unternehmerin brach ihre Zelte in Colorado ab und zog nach St. Gaultier, vier Stunden südlich von Paris. Ihr Visum, das jedes Jahr erneuert werden muss, berechtigt sie, die staatliche Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. „Unfassbar, wie erschwinglich das im Gegensatz zu den USA ist“, staunt Amy. „Ich zahle eine Prämie von umgerechnet 350 Dollar pro Jahr und bei jedem Klinikbesuch 25 Euro“.
Die Zahl der US-Bürger, die wegen der Kosten des Arztbesuchs das Land verlassen, geht Expertenschätzungen zufolge in die zehntausende und könnte sogar über hunderttausend liegen. Einschlägige Sorgen machen sich aber nicht nur Privatbürger. So führte der Verband „Business Group on Health“ Ende August eine Befragung von 121 Unternehmen durch, die insgesamt 11,6 Millionen Mitarbeitern Krankenversicherung geben. Das Ergebnis: Die Arbeitgeber erwarten, dass 2026 die Versicherungskosten um weitere 9% steigen werden. Daher denken auch viele von ihnen darüber nach, die Produktion in Länder mit „vernünftigen Preisen“ zu verlegen.
Wie Ellen Kelsay, CEO der Business Group on Health, sagt, „ist es mit den steigenden Kosten für viele Firmen einfach nicht mehr zu verkraften, so schlimm wie wir die Entwicklung im kommenden Jahr erwarten, ist es noch nie gewesen“. Laut Kelsay sei davon auszugehen, dass 2026 allein die Arzneimittelpreise um weitere 12% hoch schießen werden. Dies folge auf mehrere Jahre hintereinander, in denen die Gesundheits- und Versichrungskosten die Prognosen deutlich übertroffen hatten.