BlickfeldEltif-Reform

Übers Ziel hinaus

Die Reform des EU-Investmentprodukts Eltif ist geschafft. Zweifelhaft bleibt jedoch, ob mit der 2.0-Variante ein Durchbruch gelingt. Zustimmung und Kritik halten sich in der Branche die Waage.

Übers Ziel hinaus

Übers Ziel hinaus

Die Reform des EU-Investmentprodukts Eltif ist geschafft. Zweifelhaft bleibt jedoch, ob mit der 2.0-Variante ein Durchbruch gelingt.

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Was vor acht Jahren als Hoffnungsträger gestartet ist, schaffte bislang nicht mal einen Achtungserfolg. Das EU-Fondsprodukt Eltif kam bis Ende 2022 auf nur 77 Produkte mit einem Volumen von etwa 11 Mrd. Euro – das sind nicht mal ein Promille des Fondsvermögens in Europa. Eltif steht für European Long-Term Investment Fund, es geht um langfristige Investments in illiquide Anlagen wie Private Equity und Infrastruktur. Die Zulassungsvoraussetzungen galten als kompliziert, die Vertriebsregeln als nicht praktikabel.

Eine Reform musste her, und diese Hürde wurde im April übersprungen. Die Überprüfung der Eltif-Verordnung war ein turnusmäßiger Prozess im Rahmen der EU-Gesetzgebung. Anfang 2024 tritt nun die Eltif 2.0 in Kraft. Zeit genug, sich vorzubereiten und den Sinn der neuen Vorschriften noch mal zu reflektieren.

Ernsthafte Konkurrenz

Die Zustimmung zur Eltif 2.0 ist auf den ersten Blick sehr groß. „Einige Marktteilnehmer sprechen sogar von einem ‚Gamechanger‘ und erwarten einen ‚explodierenden‘ Eltif-Markt“, schreibt die Rating- und Analysefirma Scope. Aus Sicht des deutschen Fondsverbands BVI ist die ursprüngliche Absicht, den Eltif in erster Linie als privates Anlageprodukt für Sachwerte, Infrastrukturprojekte und kleine und mittlere Unternehmen zu konzipieren, mehr oder weniger aufgegeben worden. Der Eltif sei jetzt ein Multi-Asset-Produkt mit EU-Pass. „AIFs wie unser offener Immobilienfonds könnten beispielsweise im Mantel eines Eltif-Dachfonds nun EU-weit verkauft werden“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. Er hält es für möglich, dass der Eltif eine ernsthafte Konkurrenz zu deutschen Sachwertefonds werden könnte.

Lob von Anbieterseite

Zustimmung für die Reform kommt auch von einem der wenigen Anbieter des Fondsprodukts. Der US-Assetmanager Neuberger Berman, der schon drei Eltifs aufgelegt hat, erkennt an, dass im Rahmen der Konsultation auch den Praktikern Gehör geschenkt worden sei. „Mit dem reformierten Produkt gibt es im Rahmen von Mifid gleiche Bedingungen, auch aus Sicht der Beratung. Der Eltif 1.0 war letztlich durch die starre Regulierung bestraft und viel komplizierter als ein Ucits-Fonds“, sagt Christian Puschmann, Deutschlandchef des Hauses.

Für das Produkt sprechen auch die Vorteile bei der Abwicklung. Das sei im Vergleich zu anderen Private-Market-Vehikeln beim Eltif besonders unkompliziert geregelt, sagt Puschmann. Dank Wertpapierkennnummer (ISIN) ist die Abwicklung über Clearstream einfach möglich. Puschmann: „Hohe Hürden in der Abwicklung sind ein Horror und das betrifft nicht nur die Privatkunden, sondern auch institutionelle Investoren.“

Kein triviales Vorhaben

Ob der Eltif in der Version 2.0 in der Praxis den großen Erfolg haben wird, ist auch nach Ansicht der Befürworter nicht ausgemacht. Noch immer ist es die Idee, nichtliquide Anlageklassen für Privatanleger investierbar zu machen. Und die Geschichte der offenen Immobilienfonds in Deutschland zeigt, dass das alles andere als einfach ist.

Mit Blick auf die Zahlen ist klar, dass die Bedeutung des Eltifs im etablierten Private-Equity-Markt erst am Anfang steht. "Aus unserer Sicht ist aber Innovation wichtig", sagt Puschmann. Und man müsse mit den Veränderungen umgehen: "Daher haben wir die strategische Entscheidung getroffen, das Produkt Eltif zu nutzen.“ Bei Neuberger Berman sei man sich bewusst, dass es Zeit brauchen werde, bis größere Volumen erreicht würden. „Wir wollen aber an diesem Prozess der Produktentwicklung und -gestaltung teilnehmen“, so Puschmann. Das Wohlwollen ist aber nicht ungeteilt. Manchen Anbietern gehen die Erleichterungen zu weit, weil sie dadurch eine Verwässerung des Produktangebots befürchten. "Angesichts der Erweiterung der investierbaren Vermögensgegenstände von Direktinvestitionen auf z.B. Fund-of-Funds-Produkte muss der Endinvestor zukünftig noch genauer auf das Produkt und die damit verbundenen Kosten schauen als bisher“, schreibt Scope in einer Analyse.

Zu den Kritikern gehört Markus Pimpl, Co-Head Europa Private Wealth bei der Partners Group. Er habe gehofft, dass man die Ecken und Kanten rausschleift, denn in der Praxis seien die Formulierungen im Gesetz zum Teil nicht klar gewesen. Doch Eltif 2.0 habe etwas ganz anderes gebracht: "Der Schutz der Investoren bei einem Produkt, das Zugang zu privaten Märkten bietet, ist eher aufgeweicht worden.“ Der Eltif 1.0 hatte nach Ansicht Pimpls ein Regelwerk, mit dem Investoren vor den größten Risiken im Bereich der geschlossenen, illiquiden Fonds geschützt wurden. Dass der Eltif nun auch als Dachfonds angeboten werden kann, wertet er als Rückschritt. "Man schafft eine zweite Gebührenebene und die Transparenz ist schlechter als zuvor“, wettert Pimpl.

Für bedenklich hält Pimpl auch die aus seiner Sicht aufgeweichten Regeln im Vertrieb: „Es ist übertrieben, dass Mindestanlagen beim Eltif das große Problem waren. Im Gegenteil: Wenn man einen echten Privatmarkt-Fonds anbieten will mit illiquiden Beteiligungen, dann muss das mit bestimmten Spielregeln einhergehen“, sagt er. Für solche Produkte seien Mindestanlagen daher sinnvoll.

Auch der im Prinzip positiv gestimmte BVI ist nicht mit jeder Erleichterung zufrieden, die Brüssel in den Eltif 2.0 eingebaut hat. Problematisch ist aus Sicht des Verbands, dass der Eltif nun auch ein offener Fonds sein darf. „Das ist einer der wenigen Punkte der neuen Verordnung, die wir kritisieren. Denn es fehlen Kriterien für die Ausgestaltung“, moniert der BVI. Nun müsse die ESMA Leitlinien für Anteilrückgabemechanismen eines offenen Eltif entwickeln. „Bis sie ihre Vorschläge vorlegt, die dann noch von der Kommission angenommen werden müssen, müssen wir mit einer gewissen Rechtsunsicherheit leben“, so der BVI.

Produktversprechen fraglich

Pimpl geht es um mehr. Er hält es für zweischneidig, dass die Manager dank der höheren Flexibilisierung mehr Freiraum haben. „Mit der größeren Flexibilität ist man übers Ziel hinausgeschossen, denn am Ende haben die Investoren mehr Risiko zu tragen und weniger Transparenz.“ Mit dem neuen Regime könne sich der Investor nicht mehr darauf verlassen, dass bestimmte Qualitätsmerkmale eingehalten würden.

Der Anleger bekomme mit dem Eltif 2.0 nicht den Inhalt, der ihm ursprünglich versprochen worden sei, moniert Pimpl. Der Grund: Künftig sei es erlaubt, bis zu 45% in Ucits-Fonds und bis zu 10% in börsennotierte Small Caps zu investieren. „Das hat mit Private-Markt-Investments und Unternehmensbeteiligungen nichts mehr zu tun", sagt er. Diese Anlagen seien privaten Investoren ohnehin schon zugänglich, daher erschließe sich ihm der Mehrwert nicht.  

Der Partners-Group-Manager findet scharfe Worte für die Konkurrenz. „Ich fürchte, es wird Assetmanager geben, die diese Flexibilität ausnutzen und Produkte anbieten, bei denen der Anteil der Privatmarkt-Assets unter 50% liegt.“ Das schade dem zarten Pflänzchen Eltif, das in den vergangenen Jahren seiner Meinung nach gut gewachsen ist.

Neue Perspektiven

Für Puschmann könnte das Produkt ganz neue, interessante Perspektiven als Teil des Versicherungsgeschäfts haben. Dabei wäre insbesondere an die betriebliche Altersvorsorge zu denken. „Es würde durchaus Sinn machen, wenn Unternehmen über den Eltif einen Teil des Kapitals für die Arbeitnehmer ansparen. Wenn die jüngeren Generationen über den Eltif in Private Equity investieren, wäre das eine Chance für das Produkt in Deutschland.“

Das klingt wie Zukunftsmusik, zumal mit der Neufassung nicht alle Probleme gelöst wurden. „Eine Hürde, der sich die Anbieter von Eltifs immer noch gegenübersehen und bei der auch keine Änderung in Sicht ist, sind national unterschiedliche Anforderungen an einen Eltif, um in den Genuss steuerlicher Vorteile zu kommen“, schreibt Scope. Die 2.0-Reform wird wohl nicht das letzte Wort beim Eltif sein.

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