LeitartikelVerwaltungsräte

Unlösbares AfD-Dilemma der Sparkassen

Nach den anstehenden Kommunalwahlen im Osten Deutschlands werden auch die Verwaltungsräte der Sparkassen neu gewählt. Aller Voraussicht nach werden viele AfD-Politiker in die Kontrollgremien einziehen. Das tut weh, muss aber ausgehalten werden.

Unlösbares AfD-Dilemma der Sparkassen

Verwaltungsräte

AfD-Dilemma der Sparkassen

Von Tobias Fischer

Mit den bevorstehenden Kommunalwahlen in Ostdeutschland droht den Sparkassen eine größere Zahl an AfD-Politikern in die Verwaltungsräte gespült zu werden. Ein Sturm der AfD auf Rathäuser und Kommunalparlamente ist Prognosen zufolge zu erwarten, was sich dann auch in der Zusammensetzung der Kontrollgremien der in kommunaler Trägerschaft befindlichen Sparkassen niederschlagen wird. Denn neben Mitarbeitervertretern des jeweiligen Instituts sitzen in den Verwaltungsräten vor allem von den Kreistagen, Stadträten und Zweckverbandsversammlungen gewählte Vertreter, häufig eben Lokalpolitiker.

Banger Blick nach Thüringen

Den Anfang macht an diesem Sonntag Thüringen, wo sich die vom Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingeordnete Partei anschickt, stärkste Kraft zu werden. Alle Skandale, interne Querelen und noch so geschmacklosen Verlautbarungen des Landeschefs Björn Höcke ändern wenig an der Popularität der Partei. In Umfragen zur Landtagswahl, die im Herbst ansteht, liegt sie beharrlich vorn und käme auf rund 30%, weit vor der CDU mit 20% und der Linken sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht mit je 16%. Auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo am 9. Juni Kommunalwahlen stattfinden, ist die AfD laut Umfragen stärkste oder zweitstärkste Kraft.

Die Stärke der AfD in Ostdeutschland ist für die Sparkassen vor Ort ein Dilemma. Einerseits wollen sie, wie es der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und die Regionalverbände richtigerweise vormachen, bei aller gebotenen politischen Neutralität als Demokraten Haltung zeigen und sich von rechtspopulistischem und rechtsextremem Gebaren der AfD distanzieren. Zudem ist die Partei ein Standortrisiko, vergrault sie doch Investoren, was schlecht fürs Geschäft ist.

Andererseits streben die Vorstände der Sparkassen nach einem gedeihlichen Miteinander mit den sie kontrollierenden Verwaltungsräten, gleich welcher Partei oder Gesinnung. Zudem müssen sie fürchten, sich den Zorn AfD-affiner Kunden zuzuziehen und endlose Händel mit Parteigängern auszufechten, die eine kritische Haltung gegenüber der AfD als weiteren Beweis dafür ansehen, dass ihrer kruden Weltansicht folgend Sparkassen nur ausführende Büttel des Systems seien. Für Sparkässler in prosperierenden Regionen wie Baden oder im Rhein-Main-Gebiet, wo die AfD in der Wählergunst eher mit einstelligen Prozentwerten daherkommt, mag das weit weg sein, doch Mitarbeiter und Führungskräfte einer Kreissparkasse in einer strukturschwachen Gegend in Sachsen oder einer Stadtsparkasse in Thüringen werden sich damit auseinandersetzen müssen.

Erfahrungswerte bislang rar

Noch sind Erfahrungswerte mit AfDlern in Sparkassengremien rar. Vergangenes Jahr ist im thüringischen Sonneberg der erste AfD-Landrat in Deutschland gewählt worden und qua Amt in den Verwaltungsrat der Sparkasse Sonneberg eingezogen. Der hessisch-thüringische Sparkassenverband wusste dahingehend zuletzt weder von negativen noch positiven Erfahrungen zu berichten.

Darauf oder auf eine Entzauberung im Amt zu hoffen, mag eine Methode sein, doch sollten keine großen Hoffnungen darauf verschwendet werden. Anders als die Linkspartei, die früher als antikapitalistisches Schreckgespenst galt und sich im Osten längst als staatstragend erwiesen hat, hat sich die AfD immer weiter radikalisiert. Und auf Aufseher zu setzen, welche die fachliche Qualifikation sowie persönliche Zuverlässigkeit von Vorständen wie Verwaltungsräten zu prüfen haben, ist kein gangbarer Weg. Für sie spielt die Parteizugehörigkeit keine Rolle, solange die Partei als dem demokratischen Spektrum zugehörig gilt.

Verwaltungsräte sind demokratisch legitimiert und schließen dementsprechend auch AfD-Mitglieder mit ein, solange die Partei nicht verboten wird, was derzeit eher unwahrscheinlich ist. Auch wenn es weh tut: Die AfD muss also ausgehalten werden. Ein freundlicher Umgang mit den AfD-Vertretern oder ein guter Service ist dabei ja nicht zwingend vonnöten, wie Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter es einmal treffend ausdrückte.

In Verwaltungsräte von Sparkassen im Osten dürften alsbald viele AfD-Politiker einziehen. Das gilt es auszuhalten.

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