Unrealistische Erwartungen
Unrealistische Erwartungen
Stahlgipfel
Unrealistische Erwartungen
Von Andreas Heitker
Schon im Vorfeld des Stahlgipfels im Bundeskanzleramt überbieten sich die Beteiligten aus Politik und Wirtschaft mit Vorschlägen, wie der Branche entscheidend geholfen werden kann. Leider zeigen die Forderungen einmal mehr, wie unrealistisch hoch die Erwartungen an das Spitzentreffen am Donnerstag sind. Sanktionen gegen russische Stahleinfuhren? Kampf gegen Billigimporte aus China? Mehr Fokus auf die US-Zölle? Alles schön und gut. Aber das wird nicht in Berlin, sondern in Brüssel verhandelt. Auch die Einführung eines Industriestrompreises hängt vom grünen Licht der EU-Kommission ab. Und überhaupt: Der Industriestrompreis in seiner zeitlichen Befristung und mit seinem geringen Volumen wird ohnehin keine energieintensive Branche auf Dauer in Deutschland halten.
Nachfrageschwäche der Stahlkunden
Die deutsche Stahlindustrie – immerhin die größte in Europa – leidet unter einem massiven Importdruck auf der einen Seite, zu dem neben der US-Zollpolitik auch das maue Geschäft in Asien beiträgt, und einer massiven Nachfrageschwäche der wichtigen stahlverarbeitenden Branchen in Deutschland, wie der Automobilindustrie oder dem Maschinen- und Anlagenbau. Und an der wird ein Stahlgipfel in Berlin auch nicht viel ändern können.
Sowohl die Branche als auch die Gewerkschaften sehen als möglichen Ausweg einen stärkeren Protektionismus über das Vergaberecht. Bei der IG Metall ist in diesem Zusammenhang etwa von Local-Content-Regeln die Rede. Überall, wo öffentliche Gelder fließen, öffentliche Projekte ausgeschrieben und Förderprogramme aufgelegt werden, soll ein großer Teil der Wertschöpfung auf dem heimischen Markt stattfinden. Gerade mit Blick auf das Infrastruktur-Sondervermögen, so die Hoffnung, könnte dies den erhofften Nachfrageimpuls bringen. Doch so einfach ist das nicht. Insbesondere die Stahlkunden werden sich bedanken, wenn damit auch Preiserhöhungen für sie einhergehen würden. Es ist zu befürchten, dass am Donnerstag ein weiterer Krisengipfel ins Land zieht, bei dem die Regierung zwar Solidarität beteuert, sie aber kaum konkrete Lösungswege anbieten kann.
