KommentarUS-Schuldenlimit

Unterschätzte Gefahr

Schon am 1. Juni droht den USA die Zahlungsunfähigkeit. Umso schneller müssen Demokraten und Republikaner an den Verhandlungstisch, um sich auf eine Anhebung der staatlichen Schuldengrenze zu einigen. Die Positionen sind derzeit aber festgefahren.

Unterschätzte Gefahr

US-Schuldengrenze

Unterschätzte Gefahr

Debatte um Schuldenlimit wird zum politischen Spielball

Von Peter De Thier

Als Donald Trump US-Präsident war, haben die Republikaner ohne zu zögern viermal die staatliche Schuldengrenze angehoben oder vorübergehend ausgesetzt. Nun, da der Demokrat Joe Biden die Regierungsgeschäfte führt, knüpfen sie ein höheres Schuldenlimit an massive Einsparungen. Sparmaßnahmen, die den Übergang zu erneuerbaren Energien erschweren, Beamte, Rentner und ärmere Haushalte hart treffen würden und die US-Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen könnten. Der Grund: Sie wollen Biden und die Demokraten zu verschwenderischen Linksliberalen stempeln und hoffen, sich damit im bevorstehenden Wahljahr 2024 eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen.

Die Ironie dieser Position ist darin zu sehen, dass seit 1960 das Limit nicht weniger als 78-mal angehoben wurde, und zwar 49-mal unter republikanischen Präsidenten, nur 29-mal unter demokratischen. Sitzt ein Parteifreund im Oval Office des Weißen Hauses, dann kehren die Republikaner die Schuldenproblematik bequem unter den Teppich.

Unterdessen erkennt Oppositionschef Kevin McCarthy offenbar nicht, welche immensen Risiken es birgt, die Schuldendebatte zu einem politischen Spielball zu machen. Käme es nämlich tatsächlich zum ersten US-Staatsbankrott in der Geschichte, dann drohten Chaos an den Finanzmärkten, Jobverluste in Millionenhöhe und ein folgenschwerer Konjunktureinbruch, der auch auf andere Länder überschwappen könnte. Einen Vorgeschmack hierauf gab die Schuldenkrise im Sommer 2011, als das Tauziehen um das Schuldenlimit und Zwangseinsparungen einige der tiefsten Kurseinbrüche in der Geschichte auslöste.

Natürlich müssen Politiker der steigenden Neuverschuldung einen Riegel vorschieben. Schließlich liegt die Schuldenquote in den USA bei über 120%. In der kommenden Dekade erwartet das Statistikamt CBO jährliche Defizite von über 2 Bill. Dollar, und Staatsschulden in dieser Höhe sind auf längere Sicht nicht tragfähig. Sie können Investitionen verdrängen, zu höheren Zinsen führen und die Wirtschaft bremsen, die sich ohnehin am Rande einer Rezession bewegt. Die Debatte um Sparmaßnahmen darf aber nicht zulasten der Gesamtwirtschaft gehen. Der Präsident weigert sich zu Recht, dem republikanischen Druck nachzugeben. Gleichwohl müssen beide Seiten rasch an den Verhandlungstisch zurück. Das soll auf Bidens Wunsch nächste Woche geschehen. Nur so wird sich ein ökonomisches Desaster verhindern lassen.