LeitartikelAngriffe auf Pressefreiheit und Demokratie

US-Medien müssen Donald Trump endlich die Stirn bieten

Amerikas TV- und Pressekonglomerate müssen sich gegen die Übergriffe von Donald Trump auflehnen. Nur so lässt sich die politische Freiheit und letztlich auch die Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts retten.

US-Medien müssen Donald Trump endlich die Stirn bieten

US-Medien

Demokratie braucht mehr Rückgrat

Von Alex Wehnert

US-Medienhäuser müssen sich gegen die Übergriffe von Donald Trump auflehnen. Nur so lassen sich die Freiheit und letztlich die Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts retten.

Amerikas Medienhäuser müssen schon aus wirtschaftlichem Eigeninteresse den Kampf um die Demokratie aufnehmen. Denn deren Säulen sind während der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps so schweren Angriffen ausgesetzt wie nie – und wenn sich Amerikas TV- und Pressekonglomerate nicht bald nachdrücklich verteidigen, dann machen sie ihre Daseinsberechtigung zunichte. Welchen Gefahren freie Medien ausgesetzt sind, zeigt sich bei Paramount Global: Der Entertainment-Riese schloss einen Vergleich mit Trump, der dem Tochtersender „CBS“ vorwarf, ein im Präsidentschaftswahlkampf ausgestrahltes Interview mit der demokratischen Kandidatin Kamala Harris manipuliert zu haben.

Vergleich trotz haltloser Klage

Die Klage des Republikaners entbehrte jeder Grundlage: Videoaufnahmen zu schneiden und zu bearbeiten, um Aussagen klarer zu machen und Zeitvorgaben einzuhalten, ist journalistische Standardpraxis. Hätte Trump sich der „CBS“-Sendung „60 Minutes“ gestellt, wären die Redakteure mit seinem Interview ebenso verfahren. Doch der Mehrfach-Pleitier beschuldigte den Sender, dieser habe die Demokratin gut aussehen lassen und ihr somit zum Wahlsieg verhelfen wollen. Jeder vernünftige Richter in einem rechtsstaatlichen Verfahren hätte Trump aus dem Saal gelacht – und doch hat sich Paramount bereit erklärt, 16 Mill. Dollar an den Möchtegern-Dealmaker im Weißen Haus zu zahlen, um den Rechtsstreit beizulegen. Der Präsident tönt gar, das Medienkonglomerat werde ihm Werbeplätze im Gegenwert von 20 Mill. Dollar zur Verfügung stellen.

Setzt die Institutionen der Demokratie unter Druck: US-Präsident Donald Trump.
Setzt die Institutionen der Demokratie unter Druck: US-Präsident Donald Trump.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

Denn für Paramount sind in der Auseinandersetzung mit dem Republikaner weniger die Aussichten vor Gericht entscheidend, sondern vielmehr die Furcht vor politischen Vergeltungsschlägen. So stand die kaum verhohlene Drohung im Raum, Trump könne die Übernahme von Paramount durch die kleinere Holding Skydance torpedieren. Kurz nach der Einigung auf den Vergleich hat nun indes auch die Federal Communications Commission (FCC) grünes Licht für den 8 Mrd. Dollar schweren Deal gegeben.

Der Abschluss der Transaktion, der eine mehrjährige Saga vorausgeht, ist für die kommenden Wochen geplant. Der Zeitpunkt der FCC-Freigabe erscheint dabei ebenso verdächtig wie die Entscheidung von „CBS“, die vom Trump-Kritiker Stephen Colbert moderierte und bei TV-Ratings führende „Late Show“ 2026 nach 33 Jahren abzusetzen.

Gefährliche Zugeständnisse

Paramount hat sich durch das Einknicken auf fatale Weise erpressbar gezeigt. Trump, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie dem Radiosender „NPR“ und dem Fernsehnetzwerk „PBS“ die Mittel kürzt und mit Klagedrohungen bereits die „CBS“-Konkurrentin „ABC“ einschüchterte, macht dies deutlich: Seine Taktik, unliebsame Berichterstattung abzuwürgen, sind auch für die Zukunft bedrohliche Aussichten.

David Ellison, CEO der Paramount-Fusionspartnerin Skydance und Sohn von Trump-Kumpel Larry Ellison, hat gegenüber der von republikanischen Ideologen geführte FCC zudem gefährliche Zugeständnisse gemacht: „CBS“ verpflichtet sich in einem Brief künftig zu „unvoreingenommenem“ Journalismus – was suggeriert, dass die bisherige Trump-kritische Berichterstattung unfair war. Diesen Vorwurf bekräftigt auch FCC-Chef und Trump-Fan Brendan Carr, der in einem Statement kritisiert, das amerikanische Volk könne sich nicht mehr darauf verlassen, dass die etablierten Nachrichtenmedien vollständig, korrekt und ausgewogen berichteten. Ein neuer Ombudsmann soll nun Beschwerden gegen „CBS News“ nachgehen.

Amerika gleitet in Autoritarismus ab

Der in den USA beispiellose Eingriff in die Freiheit der Medien bereitet den Boden für ein Abgleiten in den autoritären Staat. Eine intakte Demokratie ist indes nicht nur ein rosiges Ideal – sie ist im global wichtigsten Finanzplatz geradezu unabdingbar, um freie und funktionsfähige Märkte zu gewährleisten. Wer nicht mehr darauf vertrauen kann, dass Medien kritisch über Washington berichten, dem sind auch über diese verbreitete Konjunkturindikatoren und andere wirtschaftliche Informationen bald nichts mehr wert.

Umso entscheidender ist es, dass News Corp. nun nicht den gleichen Fehler wie Paramount macht. Denn der von Rupert Murdoch gegründete Medienkonzern muss sich mit einer Klage des Präsidenten auf 10 Mrd. Dollar Schadenersatz herumschlagen. Grund sind Berichte des von der Tochter Dow Jones verlegten „Wall Street Journal“, gemäß denen Trump zum 50. Geburtstag des später verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein im Jahr 2003 eine unflätige Zeichnung anfertigte und diese mit einem hirnrissigen fiktiven Dialog mit dem Kriminellen beschriftete, in dem er auf gemeinsame Geheimnisse Bezug genommen habe. Selbst Trumps Anhänger, die nach Enthüllungen zu Epstein lechzen, vermuten, dass der Präsident nur seine Verbindungen zum Ex-Banker zu vertuschen sucht. Deshalb zeigen sich erstmals Risse zwischen dem Republikaner und seiner Basis. Gerade angesichts dessen ist der Zeitpunkt gekommen, sich gegen die Übergriffe Trumps aufzulehnen. Um die Demokratie und damit letztlich auch die Stabilität des Finanzmarktes zu retten, braucht es nun Herausgeber mit mehr Rückgrat.