Notiert inNew York

Verschlossene US Open

Die Posse um Donald Trumps Auftritt bei den US Open zeigt, wie weit die Vereinigten Staaten bereits in den Autoritarismus abgeglitten sind. Das sollte auch Kapitalmarktakteuren zu denken geben.

Verschlossene US Open

Notiert in New York

Verschlossene US Open

Von Alex Wehnert

Der Regen prasselt ähnlich hart auf das geschlossene Dach des Arthur Ashe Stadium nieder wie die Vorhände von Naomi Osaka und Amanda Anisimova auf das Hauptcourt der US Open. Die Uhr hat inzwischen Zwölf geschlagen, der Donnerstag ist dem Freitag gewichen, und die beiden Tennis-Asse machen sich nach dem zweiten Tie-Break in ihrem Halbfinale für einen schwierigen dritten Satz bereit. Doch wie die beiden Spitzensportlerinnen ist auch das Publikum nach einer langen Session erschöpft, schon deutlich vor Ende des Spiels leert sich die Halle – viele Zuschauer müssen sich schließlich noch ihren Weg durch das Unwetter von Queens zurück nach Manhattan bahnen.

Vereinigte Staaten gleiten in Autoritarismus ab

Rund drei Tage später ist das Wetter etwas freundlicher, die Stimmung aber deutlich geladener. Denn zum Finale der Herren ist US-Präsident Donald Trump mit seiner Entourage angereist – und die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen führen dazu, dass von der lockeren Atmosphäre vor dem Halbfinale der Damen nichts mehr übrig ist. Tummelten sich die Zuschauer am Donnerstag vor dem ersten Aufschlag noch entspannt auf dem Gelände rund um das Stadion, versorgten sich an den zahlreichen Ständen und Bars mit Festival-Food und Drinks wie den beliebten, Wodka-basierten Honey Deuces, herrscht nun das blanke Chaos. Wer mit dem Auto anreist, kommt vor lauter Verkehrsrückstau gar nicht in die Nähe des Billie Jean King National Tennis Center. Doch auch wer mit der Bahn nach Queens fährt, muss sich in endlos erscheinende Schlangen einreihen. Zahlreiche Zuschauer, die mitunter tausende Dollar für ihr Finalticket bezahlt haben, gelangen erst deutlich nach dem Matchauftakt zu ihren Sitzen.

Der Höhepunkt der US Open bleibt aber nicht nur in dieser Hinsicht verschlossen. Die US Tennis Association als Veranstalter des Turniers forderte die übertragenden Fernsehsender und Streamingdienste im Vorfeld auf, die Reaktionen des Hallenpublikums auf Trump – der gerade nach dem ersten Satz des Finales heftig ausgebuht wurde – nicht zu zeigen. Sport-Puristen mögen argumentieren, dass Politik ohnehin kein Teil solcher Ausstrahlungen sein sollte. Doch dass eine Nonprofit-Organisation sich in vorauseilendem Gehorsam bemüht, öffentliche Unmutsbekundungen gegenüber der herrschenden Klasse zu unterbinden und sich Medienvertreter dem auch noch beugen, zeigt, wie weit die Vereinigten Staaten in wenigen Monaten unter Trump in den Autoritarismus abgeglitten sind.

Grund zur Sorge für Kapitalmarktakteure

Das sollte auch Kapitalmarktakteuren und insbesondere europäischen Unternehmen, die sich durch einen US-Börsengang einen Zugang zur tiefen und liquiden amerikanischen Investorenbasis versprechen, zu denken geben. Denn Freiheit, Demokratie, ein funktionierender Rechtsstaat und die Verlässlichkeit staatlicher und medialer Informationen sind wichtige Säulen, auf denen auch die Erfolgsgeschichte der Wall Street fußt. Für deren Erosion stehen die Vorkommnisse bei den US Open stellvertretend.