Leitartikel Bundeshaushalt

Viele Schulden – wenig Wirkung

Deutschland weitet seine Schulden massiv aus, aber nicht nur für Investitionen. Der Kurs ist gefährlich, wenn am Ende nur eine höhere Zinslast und eine schlechtere Position am Kapitalmarkt bleibt.

Viele Schulden – wenig Wirkung

Bundeshaushalt

Viele Schulden – wenig Wirkung

Deutschland weitet seine Schulden massiv aus, aber nicht nur für Investitionen. Ein gefährlicher Kurs, wenn davon am Ende nur eine noch höhere Zinslast bleibt.

Von Angela Wefers

Temporär hohe zusätzlich Schulden sollen es Deutschland ermöglichen, die marode Infrastruktur zu modernisieren, zusammen mit den europäischen Partnern Souveränität über die militärische Sicherheit zu erlangen und die Wirtschaft wieder flott zu bekommen. Der Bundeshaushalt 2026 lässt daran zweifeln, dass die schwarz-rote Koalition die Mittel weise und zukunftsweisend nutzt. Zudem mangelt es an der in Aussicht gestellten Konsolidierung. Die Ausgabenexplosion in den Sozialsystemen werden mit Darlehen kompensiert, die der Bund nicht auf die Schuldenbremse anrechnen muss. Die Regierung will sogar noch mehr Schulden machen, um Haushaltslöcher von morgen zu stopfen.

In der kommenden Woche steht der Beschluss über den Bundeshaushalt 2026 im Plenum an. Die Ausgaben steigen auf 525 Mrd. Euro, nachdem der Haushaltsausschuss schon in der abschließenden Nachtsitzung grünes Licht für 4 Mrd. Euro über den Regierungsentwurf hinaus gegeben hat. Die Steuerreinnahmen laufen der Prognose zufolge besser als ursprünglich vorhergesehen. Das Produktionspotenzial ist aber noch nicht so groß wie angenommen. Dies beschert Schwarz-Rot zusätzlichen Kreditspielraum im Regime der Schuldenbremse. Diese komfortable Situation nutzt die Koalition aber nur, um die exorbitanten Neuverschuldung mit weiteren 8 Mrd. Euro in die Höhe zu treiben. Damit schont sie die noch aus der Hochzeit des Migrantenstroms stammende Rücklage für nächstes Jahr und verringert das Haushaltsloch 2027 von ursprünglich rund 34 Mrd. Euro.

Keine Puffer für neue Krisen

Die Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt steigt 2026 damit auf 98 Mrd. Euro. Einschließlich der Sondertöpfe für Infrastruktur und der Ausgaben für die Bundeswehr liegt sie bei mehr als 180 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der Wert übersteigt deutlich die Nettokreditaufnahme in zwei von drei Corona-Krisenjahren, 2020 mit 131 Mrd. Euro und 2022 mit 116 Mrd. Euro. Nur im absoluten Ausnahmejahr 2021 lag sie mit 215 Mrd. Euro noch darüber. Die deutsche Wirtschaft kommt zwar aus der Rezession und steckt noch immer in der Stagnation, aber nicht in einer Megakrise. Wenn die Verschuldung aus Krisenjahren zum neuen Normal wird, bleiben keine Puffer für eine neue echte Krise.

Die geplanten Investitionen des Bundes 2026 haben sich gegenüber den vergangenen Jahren auf 128 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Dennoch erntet die Bundesregierung viel Kritik, weil sie die zusätzlichen kreditfinanzierten Mittel nicht tatsächlich investiv ausgibt. Mahnende Worte kommen von gewichtiger Seite, von der Bundesbank, vom Sachverständigenrat für Wirtschaft und von den Wirtschaftsforschungsinstituten Ifo und IW Köln. Je nach Investitionsbegriff und mancher Abgrenzung von Positionen mag nicht jede Kritik in dieser Schärfe zutreffen. Die Verschiebungen von milliardenschweren Beträgen zwischen Sondervermögen und Kernhaushalt mögen gute Gründe haben. Übersichtlich sind sie nicht mehr. Gewiss ist auch, dass nur wirkliche Investitionen dazu geeignet sind, nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu bewirken und keine konjunkturelles Strohfeuer auszulösen. Wie man es auch rechnet: Wenn 180 Mrd. Euro Kredite rund 128 Mrd. Euro Investitionen gegenüberstehen, werden mehr Schulden gemacht als Investitionen getätigt.

Zur Fiskaldisziplin zurück

Schulden zu begrenzen ist kein Selbstzweck. Es geht um die bedenklichen Folgen einer überhöhten Verschuldung. Die Zinsausgaben des Bundes werden sich von heute 30 Mrd. Euro in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln. Die Zinsposition ist dann größer als fast jeder Einzeletat. Der Betrag entspricht ungefähr den Löchern, die heute in den Haushalten 2028 und 2029 klaffen. Unternimmt der Bund nichts, etwa auch um die derzeit unlimitierten Verteidigungsausgaben wieder aus dem Kernhaushalt zu bestreiten, steuert Deutschland in den nächsten Jahren auf einen Schuldenquote zum Bruttoinlandsprodukt von 90% zu. Traut der Kapitalmarkt dem Bund nicht mehr so sehr wie heute, steigen auch die Kreditkosten. Um so wichtiger ist es, dass die Schuldenbremse wieder zieht. Die anstehende Reform muss zur Fiskaldisziplin zurückführen.