KommentarVerisure-IPO

Überflieger Börse Stockholm

Stockholm setzt sich bei IPOs derzeit unter Europas Börsenplätzen weit vor London an die Spitze. Einfach kopieren lässt sich der Erfolg nicht.

Überflieger Börse Stockholm

Verisure-IPO

Überflieger
Börse Stockholm

Von Christoph Ruhkamp

Stockholm setzt sich bei IPOs derzeit unter Europas Börsenplätzen weit vor London an die Spitze. Einfach kopieren lässt sich der Erfolg nicht.

Der Börsengang von Verisure ist ein Riesenerfolg für die Nasdaq Stockholm. Sie wird mit dem IPO zur geschäftigsten europäischen Börse. Gemessen am IPO-Emissionsvolumen liegt Stockholm nach den Daten von Dealogic in diesem Jahr weltweit auf Platz neun hinter Tokio und vor Shenzhen. Für Schweden ist Verisure ein gewaltiger Börsengang – der größte seit 25 Jahren. Dabei hat das Unternehmen zumindest den formalen Sitz in Versoix im Schweizer Kanton Genf. Der US-Finanzinvestor Hellman & Friedman macht mit dem IPO nicht Kasse, sondern lässt die Firma Schulden reduzieren – eine von Private Equity nicht gewohnte Bescheidenheit.

Das IPO zeigt indes, dass Schweden mit Börsen wie der Schweizer Six um international agierende Firmen konkurrieren und Milliarden von Euro einsammeln kann – auf Augenhöhe mit Börsenplätzen wie Saudi-Arabien. Der Erfolg ist um so bemerkenswerter, wenn man ihn mit dem jahrelangen Niedergang des IPO-Markts in London vergleicht. London gehört 2025 global nicht einmal mehr zu den Top 20 und ist auf Platz 23 hinter Mexiko und Singapur zurückgefallen. Um das Verisure-IPO hatte London gegen Amsterdam, Stockholm und Zürich erfolglos konkurriert. Wer eine hohe Bewertung erzielen will, geht nicht mehr auf die Insel. Dabei hatte London noch 2013 die Hälfte des europäischen IPO-Markts auf sich vereint. Selbst die Einführung von Mehrfachstimmrechten, die Erleichterung von Übernacht-Kapitalerhöhungen und die Lockerung von Vergütungsregeln haben das Geschäft nicht zurückgebracht.

Von Smallcap-IPOs beharrlich hoch gearbeitet

Inzwischen hat Schweden den Briten den Rang abgelaufen. Stockholm hat sich von Smallcap-IPOs beharrlich hochgearbeitet. Dort finden kleine Firmen viel mehr Beachtung und werden mehr gehandelt. Es gibt eine rege Kleinanlegerszene. Die Altersvorsorge ist kapitalgedeckt. Angespart wird in Form einer Aktienrente, und die heimische Pensionsfonds-Szene ist gewillt, moderat patriotisch zu investieren. Zudem zählt Schweden zu den Top 10 weltweit, wenn es um das Erschaffen von „Unicorns“ geht – Startups mit Milliardenbewertung. Einfach kopieren lässt sich der Erfolg der Nasdaq Stockholm in Frankfurt aber nicht. Die Altersvorsorge in Deutschland wird per Umlage finanziert. Den meisten Deutschen fehlt die Aktienkultur. Beides zu ändern braucht Zeit. Es braucht keine Welle von IPOs wie 2021, die dann floppten, sondern erarbeitete Erfolge wie das heutige Ottobock-IPO, die sich als dauerhaft erweisen.