Warnung aus Übersee
ProSiebenSat.1
Warnung aus Übersee
Von Daniel Schnettler
Die Familie Berlusconi ist kurz davor, ihren Traum eines europäischen Medienkonzerns wahrzumachen. Es fehlen ihnen nur noch ein paar Anteile und die Italiener beherrschen ProSiebenSat.1. Doch was kommt dann? Sind automatisch alle Probleme gelöst, die die Fernsehbranche hat, namentlich das Streaming? Reicht Größe allein aus, um dem Rivalen Netflix plötzlich seinen Schrecken zu nehmen?
Mitnichten. Das lässt sich derzeit in Echtzeit in den USA beobachten. Dort fusionierten im Jahr 2022 die damalige AT&T-Tochter WarnerMedia und der Fernsehkonzern Discovery. Es sollte der Befreiungsschlag in einem sich rasant verändernden Markt sein. Denn mehr und mehr Zuschauer streamen ihre Serien und Filme zur Wunschzeit statt sich dem starren Programmablauf im linearen Fernsehen zu unterwerfen.
Doch der Plan von Warner Bros. Discovery, die Umwälzungen als breit aufgestelltes Medienkonglomerat zu bewältigen, schlug fehl. Heute, drei Jahre später, spaltet sich der Konzern schon wieder in einen Fernseh- und einen Film/Streaming-Teil auf. Das Ziel: Besser auf die veränderten Sehgewohnheiten der Zuschauer und die Vorlieben der Werbeindustrie reagieren zu können.
Den gleichen Weg beschreitet der US-Rivale Comcast, der gerade seine Kabelfernsehsender wie CNBC und MSNBC an die Börse bringt. Comcast sagt, dass ein eigenständiger Fernsehkonzern flexibler agieren könnte. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann auch die frisch fusionierten US-Filmstudios Paramount und Skydance ihre Fernsehaktivitäten wie CBS und MTV abspalten.
Im gnadenlosen US-Medienmarkt zeigt sich, wohin die Reise auch in Europa geht. Die Streaming-Platzhirsche Netflix und Amazon Prime treiben das lineare Fernsehen und die Streaming-Nachzügler vor sich her. Mit ihren werbefinanzierten Abos graben sie den Fernsehsendern auch noch die Werbegelder ab und klauen ihnen im einstigen Paradefeld der Live-Sportevents die Zuschauer. Die Berlusconis müssen aufpassen, dass ihr Traum eines europäischen Medienkonzerns nicht binnen kürzester Zeit zerplatzt.