Der neue CEO macht klar Schiff
Der neue CEO macht klar Schiff
Nestlé
Der neue CEO macht klar Schiff
Von Martin Dunzendorfer
Schon der erste Satz ist ein Statement, das an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt: „Das interne Realwachstum (gemeint ist die Verkaufsmenge; die Red.) hat für uns oberste Priorität.“ Mit diesem für Nestlé absolut untypischen Einstieg in eine Quartalsmitteilung – üblicherweise zieht der CEO ein wohlwollendes Fazit der abgelaufenen Berichtsperiode – hat Philipp Navratil, seit einem Monat Chef des weltgrößten Lebensmittelkonzerns, ein Zeichen gesetzt. Die große und begründete Sorge der Marktakteure ist seit langem, dass Nestlé nur noch über den Preis wachsen kann, die Verkaufsmenge aber an Grenzen stößt. Ob die künftige Entwicklung diese Annahme widerlegen wird, muss sich erst noch zeigen, doch der Leadsatz belegt, dass der neue CEO das Kernproblem erkannt hat und mit aller Macht dagegen vorzugehen gewillt ist.

Foto: Nestlé
Auch vor anderen Nestlé-untypischen Maßnahmen schreckt Navratil nicht zurück: Die Streichung von 16.000 Stellen ist einmalig in der Geschichte des Schweizer Ernährungsmultis. Solche Größenordnungen kennt man ohnehin vor allem aus stark zyklischen Branchen, aber nicht aus einem weitgehend konjunkturresistenten Sektor. Auch für die Beschäftigten, die nicht vom Jobabbau betroffen sind, ist das ein Schuss vor den Bug: Navratil macht damit deutlich, dass Besitzstandsverwaltung bzw. mangelnde Kreativität nicht länger toleriert werden.
Aktienkurs schießt nach oben
Am Aktienmarkt reagierte man auf die Ankündigungen geradezu enthusiastisch: Gegen Mittag lag die Nestlé-Aktie, die sich sonst an einem Handelstag selten um mehr als 2% bewegt, mit 9% im Plus. Dennoch ist der Kurs von 82,90 sfr dem Neunjahrestief von 70 sfr, das erst vorigen Monat erreicht wurde, immer noch weit näher als dem Rekordhoch von fast 130 sfr (Anfang 2022). Aber durch die nun gesetzten Zeichen wurde die jüngste, zaghafte Erholung des Papiers bestens untermauert. Das Sentiment für die Aktie hätte bis vor kurzem kaum schlechter sein können. Wenn Nestlé die Implementierung des neuen Denkens im Konzern gelingt und sich das im Wachstum der Verkaufsmenge niederschlägt, dürfte die Aufwärtsbewegung anhalten.