Wasserstoff - Zukunftslösung oder Fördergrab?
Wasserstoff - Zukunftslösung oder Fördergrab?
Wasserstoff – Zukunft des Automobils oder milliardenschweres Fördergrab?
Der Autobauer BMW tingelt seit Jahren mit dem Brennstoffzellenauto ix5 Hydrogen von Messe zu Messe. 2028 soll es endlich in Serie gehen. Vorher gibt es noch einmal Fördermillionen. Aber das rundere Konzept hat Kooperationspartner Toyota.
Von Sebastian Schmid, Frankfurt
Kaum ein Automodell präsentiert sich so poliert und glänzend wie der BMW iX5 Hydrogen – egal ob in Schanghai, Tokio oder München. Kein Wunder, der BMW-Prototyp für die Brennstoffzellentechnologie tourt um die Welt – von Messe zu Messe. Gezeigt wurde er erstmals zur Internationalen Automobilausstellung 2021. Zuletzt war er vor wenigen Wochen in Tokio zu sehen, nachdem das Auto im September auf der IAA in München und im April in Schanghai vorgeführt wurde. Die Folierung hat sich verändert, gleich bleibt: Auf der Straße sieht man das Fahrzeug fast nie.
Ein Serienmodell soll zwar 2028 folgen. Es ist schon absehbar, dass es eine Kleinserie wird. Weder die Infrastruktur noch die Nachfrage dürften für mehr reichen. Aktuell gibt es weltweit kaum mehr als 1000 Wasserstofftankstellen (siehe Grafik). Davon stehen rund drei Viertel in Asien. In Europa sind es kaum 250 und die meisten davon sind für Nutzfahrzeuge angelegt. Denn hier sieht die Branche, anders als beim Pkw, durchaus in der Breite Potenzial für die Technologie.

Umso überraschender kam Mitte November die Mitteilung, dass der Bund und Bayern das BMW Wasserstoffprojekt „HyPowerDrive“ mit insgesamt 273 Mill. Euro fördern wollen. Für den Freistaat, der selbst „nur“ 80 Mill. Euro beisteuern muss, ist das ein guter Deal. Vor allem aber kommt BMW in den Genuss, üppiges Fördergeld für eine Technologie einzustreichen, die sich nach Dekaden der Forschung im Auto als kaum praktikabel herausgestellt hat. Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zeigt sich ratlos mit Blick auf die Motive der Regierung: „Es ist schwer verständlich, warum BMW diese Förderung erhält. Die Technologie ist von Toyota. Die Infrastruktur fehlt. Wenn wenigstens bei der Förderung die Nutzfahrzeuge einbezogen würden, aber so...“
Investitionshöhe unbekannt
Wie viel BMW bislang in die Wasserstoff-/Brennstoffzellen-Technologie investiert hat, lässt sich nicht ermitteln. Die Münchener weisen den Anteil in ihrem Geschäftsbericht nicht separat aus und auch ein Sprecher wollte auf Anfrage keine Indikation geben. Insgesamt lagen die Ausgaben für Forschung & Entwicklung bei dem Premiumautobauer im vergangenen vollen Geschäftsjahr 2024 bei 7,64 Mrd. Euro und damit um knapp 1,5% über dem vorangegangenen Jahr. In der Auflistung der wesentlichen Entwicklungsschwerpunkte wird die Brennstoffzelle allerdings noch nicht einmal erwähnt. Im Wesentlichen fließen die Gelder in die Baureihen-übergreifende Digitalisierung und Elektrifizierung der gesamten Modellpalette sowie die Entwicklung der so genannten „Neuen Klasse“, die dieses Jahr mit dem BMW iX3 Premiere feiern durfte.
Toyota setzt auf Nutzfahrzeuge
Zwar hat BMW im vergangenen Jahr eine vertiefte Partnerschaft mit Toyota geschlossen, mit der die Brennstoffzelle den Sprung in die Serienproduktion ab 2028 schaffen soll. Ein Blick auf die Förderungen und Pläne von Toyota zeigt aber, dass BMW hier nur als Co-Pilot mit an Bord ist. Denn die Pläne der Japaner sind nicht nur ambitionierter sondern auch breiter gefächert. Toyota peilt bis 2030 an, global rund 100.000 Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Das Gros davon sollten aber kommerzielle Nutzfahrzeuge in Europa und China sein. Der Pkw bleibt vorerst eine Exotenanwendung, die sich selbst optimistischen japanischen Experten zufolge frühestens in einem Jahrzehnt in der Breite größerer Nachfrage erfreuen wird.
Japan fördert weniger
Wie üppig der Schluck aus der Förderpulle für BMW ausfällt, zeigen die jüngsten Förderungen, die in Japan zuerkannt wurden. So hat Honda, die bei der Brennstoffzelle noch stärker auf das Nutzfahrzeuggeschäft setzt, Ende 2024 umgerechnet knapp 96 Mill. Dollar an Förderung zugesprochen bekommen. Toyota durfte sich über knapp 73 Mill. Dollar freuen. Die größte Freude hat den Japanern damit wohl die Bundesregierung gemacht. Denn die nun versprochenen 273 Mill. Euro dürften jeden Gedanken, ob es sich für BMW wirklich lohnt, weiter in die Wasserstofftechnologie zu investieren, im Keim erstickt haben.
Neben den japanischen Autobauern Honda und Toyota bleibt auch die koreanische Hyundai an der Brennstoffzelle interessiert. Allerdings mit dem gleichen Fokus: Nutzfahrzeuge. Damit ist BMW der einzige Autohersteller ohne nennenswertes Nutzfahrzeuggeschäft, der an der Wasserstofftechnik festhält. Der Unterschied ist noch markanter, wenn man bedenkt, welche weiteren Einsatzmöglichkeiten in Fernost mit der Technologie geprüft werden. So erprobt Toyota den Einsatz in Zügen oder Schiffen. Honda schaut sich neben Autos und Lastwagen auch die Möglichkeiten für den Einsatz in Baufahrzeugen und im Energiesektor an. Bei Hyundai sieht es genauso aus.
Die wenigen Pkw auf Brennstoffzellen-Basis, die bislang verkauft werden konnten, mussten oft dramatisch subventioniert werden. So hat Toyota vom Wasserstoffauto Mirai im Jahr 2023 noch 2.737 Stück verkauft. Die Erfahrung hat offenbar nicht zur Weiterempfehlung eingeladen. Denn 2024 wurden nicht einmal knapp 500 Stück verkauft. Daraufhin wurde das Fahrzeug in ausgewählten Märkten mit einem Rabatt von bis zu 70% feilgeboten. Global hat der Absatz der Wasserstofffahrzeuge 2021 laut Internationaler Energieagentur (IEA) mit rund 16.000 Stück seinen bisherigen Höhepunkt erreicht. Seitdem geht es kontinuierlich bergab auf nur noch 5.300 Fahrzeuge im vergangenen Jahr. Und das, obwohl die Tank-Infrastruktur von niedrigem Niveau kommend immer besser ausgebaut werden konnte.
Ein Boom mit 4 Gewinnern?
Ist Wasserstoff also nur ein schwarzes Förderloch und BMW hat es nicht bemerkt? Nun, zumindest manche Branchenanalyse gibt dem Autobauer Rückenwind. Eine Studie von Allied Market Research rechnet damit, dass der Markt für Brennstoffzellen-Anwendungen rasant wachsen wird – von 609 Mill. Dollar in diesem Jahr auf 12,61 Mrd. Dollar im Jahr 2033. Und immerhin knapp 3,4 Mrd. Dollar davon sollen mit Personenkraftwagen erlöst werden. Und Stand heute können diesen Umsatz mit BMW, Honda Hyundai und Toyota lediglich vier Autohersteller unter sich aufteilen. Zumindest für BMW, die ihre Technologieoffenheits-Fahne auch im Sturm wacker in den Wind gehalten hat, ist das ein kalkulierbares Risiko, das der Konzern gut eingehen kann. Erst recht, wenn der Staat das Gros davon trägt.
