Weder Akku noch Auspuff
Weder Akku noch Auspuff
Verbrenner-Aus
Weder Akku
noch Auspuff
Von Sebastian Schmid
Während China die globale Führungsrolle bei E-Autos zementiert und die USA sich auf Verbrenner zurückziehen, kann sich die EU beim Antrieb nicht entscheiden.
Investoren schätzen Klarheit und Planungssicherheit. Das ist nicht nur eine Binse, das war lange auch das Credo der Europäischen Union und ein Grund, warum gerade in der Klimapolitik langfristige Ziele gesetzt worden sind. In Brüssel und Berlin ist die Überzeugung weit verbreitet, der Wankelmut von US-Präsident Donald Trump sei Gift für Märkte und Investoren.
Doch wenn es um die politische Rahmensetzung geht, zeigt sich die EU mittlerweile fast genauso unberechenbar. Mit der Anpassung der Emissionsziele für das Jahr 2035 sorgt Brüssel nur auf den ersten Blick für mehr Planungssicherheit in der Automobilindustrie. Zwar dürfen von der Verbrenner-Technologie abhängige Zulieferer aufatmen. Sie können dank Plug-In-hybrider Antriebe und Elektroautos mit Range Extender auf eine längere Lebensdauer ihrer Produkte hoffen. Doch mit der Reduktion des Flottenemissionsziels von 100 auf 90% bleibt auf der Seite der Hersteller die grundlegende Herausforderung bestehen: Das Gros der verkauften Fahrzeuge im kommenden Jahrzehnt wird weiter batterieelektrisch sein müssen.
Derweil macht die leichte Verschiebung der Zielachse es unklarer denn je, wo Europas Automarkt hinsteuert. Denn wer einmal Anpassungen unter öffentlichem Druck vorgenommen hat, der kann es auf der langen Wegstrecke bis 2035 auch wieder tun. Zumal die Anpassungen im ersten Schritt so homöopathisch ausfallen, dass sie zwar den unmittelbaren Transformationsdruck bei den Autoherstellern etwas reduzieren. Mittelbar könnte die Marge dadurch aber sogar noch länger in Mitleidenschaft gezogen werden. Im schlimmsten Fall müssen die Hersteller die Doppelstrukturen mit parallel zu entwickelnden Antriebssträngen für Elektro- und Hybridmodelle viele Jahre länger aufrecht erhalten. Für die Marge dürfte das kaum zuträglich sein.
Das größte Problem der Entscheidung dürfte aber sein, dass die EU bei der Überarbeitung der Emissionsziele ihrer alten Linie des Mikromanagements treu geblieben ist. Was bleibt, ist weder Fisch noch Fleisch, weder Akku noch Auspuff: Etwas mehr Freiheit bei den Antrieben werden härtere Ziele für den Elektro-Anteil bei Dienstwagen-Zulassungen entgegengestellt. Zudem müssen die 2035 verbliebenen Flottenemissionen kompensiert werden – auf einem von drei teuren Wegen: grüner Stahl, E-Fuels oder Biofuels.
