KommentarStreit um Managervergütung

Wenn andere mehr bieten

AstraZeneca-Chef Pascal Soriot stand dieses Jahr erneut wegen seiner hohen Bezüge am Pranger. Doch für Ausnahmetalente muss man bezahlen. Sonst tun es künftig andere.

Wenn andere mehr bieten

Wenn andere mehr zu bieten haben

Andreas Hippin, London

In der Hauptversammlungssaison wird gerne thematisiert, was Topmanager verdienen. Nachdem seine ohnehin üppigen Bezüge potenziell um 1,8 Mill. Pfund aufgestockt wurden, stand in London dieses Jahr Pascal Soriot, der Chef des Pharmakonzerns AstraZeneca, am Pranger. Mehr als ein Drittel des anwesenden Kapitals stimmte auf der Hauptversammlung gegen die Pläne, seine langfristigen Leistungsanreize entsprechend aufzupeppen. Die Stimmrechtsberater von Glass Lewis und Institutional Shareholder Services hatten ihren Kunden empfohlen, die Erhöhung abzulehnen.

Ausnahmetalente kosten Geld

Soriot kennt das alles schon. Beim Aktionärstreffen 2021 gab es bereits Stunk. Damals hatten noch knapp zwei Fünftel gegen die Vergütungspolitik gestimmt. Offenbar setzt sich unter institutionellen Anlegern langsam die Einsicht durch, dass man für Ausnahmetalente bezahlen muss. Sonst tun es künftig andere.

Für Ausnahmetalente muss man bezahlen. Sonst tun es künftig andere.

Soriot hat AstraZeneca nicht nur vor der Übernahme durch den Viagra-Produzenten Pfizer bewahrt. Ohne ihn hätte der Oxford-Impfstoff gegen Covid-19, der zahllose Leben rettete, nicht so schnell in großen Mengen produziert werden können. Er setzte stets auf Forschung und Entwicklung statt auf Aktienrückkäufe. Das Unternehmen gab deshalb in den vergangenen Jahren ein weitaus besseres Bild ab als der Rivale GSK.

David Schwimmer im Fokus

Glass Lewis trommelt auch gegen die mögliche Verdoppelung der Vergütung von David Schwimmer, des Chefs der London Stock Exchange Group auf 13,2 Mill. Pfund. Auch hier stehen die Leistungsanreize im Fokus, nicht das Grundgehalt. Der Londoner Börsenbetreiber hat dem ehemaligen US-Investmentbanker eine Menge zu verdanken. Schwimmer sorgt nicht nur dafür, dass sich die Integration des Finanzdatenanbieters Refinitiv geräuschlos und schneller als geplant vollzieht. Die von ihm eingefädelte strategische Zusammenarbeit mit Microsoft liefert enorme Wachstumschancen im Datengeschäft.

Wenig Zahlungsbereitschaft

In Asien und in den Vereinigten Staaten werden Topmanagern wesentlich höhere Bezüge gewährt als in Europa. Für die City ist das ein Problem bei der Rekrutierung von Talenten. Überflieger zieht es zunehmend in andere Gefilde. Einer der Gründe dafür, dass bei Börsengängen in der britischen Metropole seit einiger Zeit Flaute herrscht, ist die vergleichsweise geringe Bereitschaft der heimischen institutionellen Anleger, Managergehälter auf Wall-Street-Niveau zu tolerieren. Spitzenkräfte sind international mobil. Ob ihre Vergütung als exzessiv betrachtet werden kann, sollte sich nicht daran bemessen, was innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen üblich ist.

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