Unterm StrichVorstandsvergütung

Wenn Konzernchefs fürs Aufhören bezahlt werden

Nicht die Höhe der Vorstandsbezüge an sich, sondern Regelungen für Abfindungen, Pensionszahlungen oder Sonder-Boni bringen in der diesjährigen HV-Saison die Aktionäre auf die Palme.

Wenn Konzernchefs fürs Aufhören bezahlt werden

Von Claus Döring

Nicht die Höhe der Vorstandsbezüge an sich, sondern Regelungen für Abfindungen, Pensionszahlungen oder Sonder-Boni bringen in der diesjährigen HV-Saison die Aktionäre auf die Palme.

Ein Jahr
der Extrawürste

Von Claus Döring

Nicht die Höhe der Vorstandsbezüge an sich, sondern Regelungen für Abfindungen, Pensionszahlungen oder Sonder-Boni bringen in der diesjährigen HV-Saison die Aktionäre auf die Palme.

Wenn in den kommenden Wochen die Hauptversammlungssaison Fahrt aufnimmt, werden auch wieder die Vorstandsvergütungen zu Diskussionen zwischen Aktionären und Verwaltung führen. Dabei wird es seltener um die absolute Höhe der Managergehälter gehen, sondern um unternehmensspezifische Besonderheiten, die den Anteilseignern sauer aufstoßen. Das reicht von besonders üppigen Abfindungen über fürstliche Altersbezüge bis zu fragwürdiger Auslegung diskretionärer Spielräume in den Vergütungssystemen. Zwar haben die börsennotierten Unternehmen aufgrund gesetzlicher Vorgaben in den vergangenen Jahren ihre Vergütungssysteme erneuert. Doch was die Dax-Konzerne in ihren oft 30 bis 50 Seiten starken Vergütungsberichten erläutern, ist für die meisten Aktionäre schwere Kost und kaum zu vergleichen.

Wen der Umfang der Vergütungsberichte so wenig abschreckt wie die Komplexität der Berechnungen, der kommt bei der Auswertung zu interessanten Ergebnissen (vgl. BZ vom 21. März): Die höchsten Bezüge strichen 2022 Konzernchefs ein, die wegen offenkundiger Erfolglosigkeit ersetzt wurden. Ob der ehemalige Adidas-Chef Kasper Rorstedt mit 15,4 Mill. Euro, Ex-VW-Konzernlenker Herbert Diess mit 11,8 oder der abgelöste Fresenius-CEO Stephan Sturm mit 12,3 Mill. Euro: sie liegen über den Jahresvergütungen ihrer aktiven CEO-Kollegen.

Insbesondere bei Volkswagen funktioniert die Selbstbedienung des Managements wie geschmiert. Weil der abgelöste VW-Chef Herbert Diess für 2022 schon mit seinen regulären Bezügen über den Cap von 10 Mill. Euro gekommen wäre und der errechnete Jahresbonus deshalb um 3,2 Mill. Euro gekürzt werden musste, hat Diess auf Abfindung verzichtet und lässt sich gemäß dem einstigen VW-Käfer-Motto „Und läuft und läuft und läuft“ seinen Vertrag bis Oktober 2025 auszahlen. Die nächsten Millionen aus der VW-Kasse sind also gesichert. Welch Geldsegen aus den Langzeitboni auf Ex-Vorstände herniedergeht, hat der vor fünf Jahren als VW-Chef ausgeschiedene Matthias Müller 2022 wieder erfahren dürfen: 7,2 Mill. Euro überwies VW an den Winterkorn-Nachfolger.

Doch auch der aktuelle Vorstand muss nicht darben. Konzernchef Oliver Blume hat als Doppel-CEO von VW und Porsche mit 7,4 Mill. Euro zwar eher im Mittelfeld der Dax-Chefs verdient. Aber die Karotte in Gestalt eines virtuellen Aktienplans für den Porsche-Börsengang hat Blume noch vor der Nase. Auf derzeit 2,4 Mill. Euro ist der Wert des auf drei Jahrestranchen verteilten IPO-Bonus schon gediehen. Da der niedrige Ausgabekurs der Porsche-Aktien mit marktunüblich geringem Aufschlag für die der Familienholding vorbehaltenen Stammaktien auch den IPO-Bonus von Blume füttert, wird der Interessenkonflikt des Doppel-CEO offensichtlich.          

Kritisch sind Vergütungssysteme zu sehen, die für die erfolgsabhängige Vergütung allerlei „Bereinigungen“ des Gewinns oder Cashflows vornehmen. So sinnvoll es ist, außerordentliche Einmalgewinne für die Bonusermittlung herauszurechnen, so falsch ist es, von Managemententscheidungen herrührende außerordentliche Belastungen ebenfalls zu eliminieren. Prominentes Beispiel ist Bayer, wo die Erfolgsprämie des scheidenden Vorstandschefs Werner Baumann in der Gesamtvergütung von 7 Mill. Euro vor allem das operative Ergebnis spiegelt, zu dem auch Monsanto gut beiträgt, aber die vom Monsanto-Kauf verursachten Milliardenzahlungen zur Beilegung von Klagen außen vor bleiben. Gewinne werden via Boni auf die Vorstandskonten privatisiert, Verluste unter den Aktionären sozialisiert. Wie schon im Vorjahr werden deshalb viele institutionelle Investoren in der Bayer-HV gegen das Vergütungssystem stimmen. Man kann nur hoffen, dass der Aufsichtsrat aus dieser absehbaren Klatsche lernt und endlich die Eigentümerinteressen über die Regeln des Vergütungssystems stellt und diskretionär eingreift, wenn der gesunde Menschenverstand es gebietet.