Windkonzern Orsted erntet Sturm
US-Offshore-Projekte
Windkonzern Orsted erntet Sturm
Durch den geopolitischen Konflikt um Grönland ist Dänemarks Windkonzern Orsted ein Sonderfall. Aber auch die Wettbewerber müssen überlegen, was sie mit US-Offshore-Investments tun.
Von Christoph Ruhkamp
An diesem Freitag entscheidet die außerordentliche Hauptversammlung von Orsted über die riesige Kapitalerhöhung des dänischen Meereswindparkkonzerns. Mit 60 Mrd. dkr – umgerechnet 9,4 Mrd. Dollar – handelt es sich immerhin um die größte Kapitalspritze in ganz Europa, die sich ein Unternehmen in diesem Jahr genehmigt. Es soll fast so viel frisches Kapital eingespielt werden wie das ganze Unternehmen an der Börse wert ist. Nötig wird der Schritt, weil die Regierung von US-Präsident Trump mit ihrem Vorgehen gegen US-Meereswindparks dafür gesorgt hat, dass Orsted einen bis vor kurzem geplanten Anteilsverkauf nicht durchziehen konnte und somit auch keinen Kapitalzufluss daraus erhalten hat. Die riesige Kapitalerhöhung ist der Ersatz für den gescheiterten Anteilsverkauf. Nur so lassen sich die schon weit gediehenen Investitionen in Offshore-Parks zu Ende bringen.
Die Kapitalerhöhung wird wohl kommen. Schließlich hat der dänische Staat als kontrollierender Mehrheitsaktionär mit 50,1% schon Zustimmung signalisiert. Das gleiche gilt für den staatlichen norwegischen Energiekonzern Equinor mit weiteren 10%, der auch schon Probleme mit Trump und einem Baustopp für ein Offshore-Projekt hatte, das inzwischen aber schon wieder weiter gebaut werden darf. Doch konnte Equinor erst nach einer Reihe von Treffen mit Mitarbeitern des Weißen Hauses wieder mit der Arbeit beginnen. Garantiert wird die Orsted-Kapitalerhöhung von der Investmentbank Morgan Stanley, die Anteile auf die eigene Bilanz nimmt, die nicht im Markt untergebracht werden können. Ein erhebliches Risiko angesichts der jüngsten Entwicklungen mit einem weiteren Baustopp für ein Orsted-Projekt.
In gewissem Ausmaß ein Sonderfall
In gewissem Ausmaß ist Orsted ein Sonderfall. Als dänischer Staatskonzern ist das Unternehmen in die geopolitischen Konflikte um Grönland geraten, das Trump den USA einverleiben will, wofür er als letztes Mittel auch Gewalt nicht ausgeschlossen hat. Das erklärt einen Teil des Furors, mit dem sich die US-Regierung gegen Orsted wendet. Doch auch andere Unternehmen, die in US-Offshore-Projekte investiert haben, werden ausgebremst. RWE hatte mit dem britischen Netzbetreiber National Grid das Projekt Community Offshore Wind ins Leben gerufen, das Strom aus Windrädern vor der Nordostküste der USA für Kunden im Bundesstaat New York produzieren soll. RWE habe das Projekt mit rund 800 Mill. Euro in den Büchern, erklärte CEO Markus Krebber jüngst. Das könne noch ein Fall für die Gerichte werden. Es könne nicht sein, dass die US-Regierung zusage, in ihren Gewässern Offshore-Anlagen gegen Zahlungen zu bauen und dies nach Leistung der Zahlungen dann nicht mehr gehe. RWE warte auf die nächste Regierung und beschränkt die Investitionen auf das Allernötigste. Derzeit sieht Krebber keinen Abschreibungsbedarf. Doch warum eigentlich nicht? Schließlich dauert die Fertigstellung, die in Frage steht, zumindest weitaus länger als geplant war und damit fließen auch künftig erhoffte Erträge erst später und vielleicht aufgrund von Kostensteigerungen auch spärlicher.
Fünf Banken (BNP Paribas, Danske Bank, J.P. Morgan, Bank of America, Goldman Sachs) schließen sich Morgan Stanley bei der Zeichnung der Orsted-Kapitalerhöhung in Höhe von 9,4 Mrd. Dollar an. Vor zwei Wochen hatte der behördlich angeordnete Baustopp für das Revolution-Wind-Projekt in den USA, ein 50/50-Joint-Ventures mit Blackrock, die Marktkapitalisierung der Dänen auf rund 12 Mrd. Dollar gedrückt. Orsted ist ein Flaggschiff der Offshore-Windkraft. Doch man kann mit Sicherheit sagen, dass es eine schwierige Situation ist, einschließlich der Festlegung der Bedingungen für die Zeichnung der neuen Aktien. Die Transaktion muss am 5. September von der außerordentlichen Hauptversammlung genehmigt werden. Die Bedingungen und der Prospekt werden voraussichtlich in der ersten Septemberhälfte vorgelegt. Abgeschlossen werden soll in der ersten Oktoberhälfte. Wenn die Transaktion gelingt, bringt das vor allem eins zum Ausdruck: Die Investoren glauben, dass bald in den USA jede Art von Strom gebraucht wird, um den Bedarf der Datenzentren für die künstliche Intelligenz zu decken.