Der Markt für verbriefte Derivate hat sich nachhaltig belebt: Zum Jahresauftakt 2021 ist ein intensiver Handel zu beobachten. An der Börse Stuttgart, Europas führendem Börsenplatz für verbriefte Derivate, erreichte das Handelsvolumen im Januar rund 4,6 Mrd. Euro – 28% mehr als im Vorjahresmonat. Obwohl die Volatilität zuletzt auf mittlerem Niveau lag, handeln private Anleger insbesondere Hebelprodukte sehr rege: Auch kleinere Marktbewegungen werden aktiv mitgenommen, um kurzfristige Chancen zu nutzen.

Damit setzt sich bei verbrieften Derivaten eine erfreuliche Entwicklung aus dem Jahr 2020 fort. Das Marktumfeld in der Coronakrise mit seiner enormen Volatilität hat die Anlageklasse regelrecht „wachgeküsst“. Dies ist insbesondere bei Hebelprodukten spürbar, die verstärkt für das Erzielen von Renditen und zur Absicherung von Positionen eingesetzt werden. Anlageprodukte standen dagegen zuletzt etwas weniger im Fokus der Anleger – allerdings mit Ausnahme der Index- und Partizipationszertifikate. Bei dieser Produktgruppe verdoppelte sich im Januar 2021 das Handelsvolumen im Vergleich zum Vorjahresmonat nahezu. Einen Grund dafür liefert der Blick auf die 20 meistgehandelten Anlageprodukte an der Börse Stuttgart in diesem Jahr: Hier finden sich je fünf Zertifikate mit Bezug zu Kryptowährungen und Wasserstoff. Investments in diese Trendthemen lassen sich mit Index- und Partizipationszertifikaten unkompliziert und präzise abbilden.

Die zurückliegenden zwölf Monate haben gezeigt: Volatilität allein genügt nicht – private Anleger müssen auch jederzeit in der Lage sein, auf den Markt einzugehen. Deshalb ist es fundamental, im Handel auch in turbulenten Zeiten ein hochwertiges Angebot für Privatanleger aufrechtzuerhalten. Dank ihres hybriden Marktmodells hatte die Börse Stuttgart in der Coronakrise die nötige Stabilität: Unsere Handelssysteme bewältigten die hohen Belastungen ohne nennenswerte Ausfälle oder Störungen. Im Zusammenspiel mit der IT sorgen an der Börse Stuttgart zudem auch Handelsexperten für möglichst hohe Handelsqualität: Sie legen die Parameter der automatisierten Orderbearbeitung fest, prüfen die Quotierungen der Emittenten auf Plausibilität und spenden bei Bedarf zusätzliche Liquidität. So wird sichergestellt, dass Privatanleger auch in volatilen Phasen sowohl einen Markteintritt als auch einen Marktaustritt vornehmen können – unter verlässlichen und fairen Handelsbedingungen und zu marktgerechten Preisen.

Die Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie wird uns im Jahr 2021 weiter begleiten. Daraus ergibt sich ein herausforderndes Marktumfeld. Gleichzeitig ist das Interesse an Börse, Wertpapieren und auch an verbrieften Derivaten aktuell sehr hoch. Dies zeigen etwa die Rekorde, die viele große Online-Broker bei den Depoteröffnungen vermeldeten. Als Börse Stuttgart wollen wir dieses positive Momentum nutzen, um unsere Marktposition im Handel mit verbrieften Derivaten weiter zu stärken und unser Angebot für Privatanleger weiterzuentwickeln.

Ein Baustein sind unsere Pläne für ein neues, zusätzliches Segment für verbriefte Derivate unter dem Arbeitstitel „Euwax Prime“. Dieser Name ist bewusst gewählt, denn das neue Segment soll an die Ursprungsideen unseres Euwax-Segments anknüpfen. Ziel ist es, durch Transparenz und zusätzliche Informationen Mehrwerte für Privatanleger zu schaffen und so die Attraktivität von verbrieften Derivaten als Anlageklasse weiter zu erhöhen. Wenn „Euwax Prime“ dabei eine sinnvolle Eingrenzung auf bestimmte Produkttypen vornimmt, kann das die Vergleichbarkeit von Produkten und die Orientierung im Sinne der Anleger verbessern. Mit unserem Vorhaben nehmen wir die originäre Aufgabe einer Börse wahr, den Markt zu gestalten. Hierfür suchen wir den engen Austausch mit den Emittenten von verbrieften Derivaten. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir das Segment „Euwax Prime“ im Jahr 2021 Schritt für Schritt bis zur Marktreife entwickeln.

Für uns als Privatanlegerbörse gibt es noch andere Ansatzpunkte, um die aktuelle Dynamik im Markt für verbriefte Derivate zu fördern. So setzen wir uns aktiv dafür ein, dass der Gesetzgeber keine neuen, indirekten Hürden für aktive Anleger aufbaut. Problematisch ist in dieser Hinsicht die Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Verlusten aus Termingeschäften, die Anfang 2021 in Kraft getreten ist. Verluste können nur noch bis 20000 Euro pro Jahr mit gleichartigen Gewinnen verrechnet werden. Für Termingeschäfte wird ein separater Verrechnungskreis geschaffen. Schon allein diese Änderung erhöht den administrativen Aufwand für Anleger.

Allerdings steht zusätzlich nach wie vor im Raum, dass das Bundesfinanzministerium in seinem anstehenden Auslegungsschreiben auch Hebelprodukte als Termingeschäfte klassifiziert – entgegen dem bisherigen Entwurf aus dem Sommer 2020. Diese Klassifizierung würde zu Belastungen für viele Anleger führen, die Depotabsicherung betreiben. Insbesondere Absicherungsgeschäfte für Aktienpositionen mit Hebelprodukten wären nicht mehr umsetzbar, denn hier gäbe es separate Verrechnungskreise. Verluste bei Hebelprodukten könnten somit nicht mehr mit Gewinnen bei Aktien verrechnet werden. Deshalb hat die Börse Stuttgart gemeinsam mit dem Deutschen Derivate Verband (DDV) und der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) an das Bundesfinanzministerium appelliert, die bisherige Linie beizubehalten und Hebelprodukte nicht als Termingeschäfte einzuordnen.

Ob adäquate Besteuerung, Vergleichbarkeit von Produkten oder hohe Handelsqualität: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit Privatanleger verbriefte Derivate für ihre individuellen Anlagestrategien nutzen können. Möglichkeiten für aktive Anleger bietet der Markt derzeit viele – sei es mit Blick auf Volatilität oder auf bestimmte Trendthemen. Die Börse Stuttgart schafft dabei ein verlässliches Umfeld für den Handel mit verbrieften Derivaten, das auf die Bedürfnisse von Privatanlegern zugeschnitten ist.