Der Start war verheißungsvoll, das Ziel ist klar benannt: Nach einem Jahr auf dem deutschen Markt hat die schwedische Digitalbank Qred ohne große öffentliche Werbung ihre ersten „einige tausend“ Kunden gewonnen. Mit neuen Angeboten soll jetzt ein weiterer Expansionsschritt gelingen, wie Co-Gründer Jason Francis und Moritz Wendt, der Country Manager Germany, im Gespräch der Börsen-Zeitung ankündigen: „Unsere Ambition ist, dass Deutschland bis Ende 2026 der größte Markt von Qred wird.“

Die Schweden sind seit zehn Jahren im Small Business Banking aktiv. Das heißt, sie vergeben insbesondere Kleinkredite von 5.000 bis 500.000 Euro. Es sind Finanzierungen für Selbstständige und Kleinunternehmen. Ein typischer Kunde ist nach Angaben von Francis und Wendt eine Pizzeria, ein Blumenladen oder der Taxiunternehmer, der für eine Investition oder eine kurzfristige Steuernachzahlung Geld benötigt. Mit diesem Geschäftsmodell und dem Fokus auf das Micro-Segment hat es Qred auf mittlerweile 50.000 aktive Kunden in sieben europäischen Märkten gebracht: Neben den vier skandinavischen Ländern und Deutschland bietet das Fintech seine Dienstleistungen auch in den Niederlanden und Belgien an.

Das Besondere gegenüber anderen Startups: „Qred hat seit dem ersten Jahr seines Bestehens schwarze Zahlen geschrieben“, sagt der gebürtige US-Amerikaner Francis, der die Bank 2015 zusammen mit einem schwedischen und einem finnischen Partner aus der Taufe gehoben hat. In diesem Jahr wird Qred nach seinen Worten erstmals einen Umsatz von umgerechnet mehr als 100 Mill. Euro verbuchen. 2024 waren es noch 82 Mill. Euro.

Für die weitere Entwicklung von Qred ist der deutsche Markt von entscheidender Bedeutung, allein weil das Potenzial mehr als doppelt so groß ist als das aller übrigen sechs Ziel-Länder zusammen. Hinzu kommt: „Wir merken, dass es im deutschen Markt im Moment eine Lücke im Bereich der Finanzierung gibt“, sagt Wendt, der zunächst als Seed-Investor und dann später ins Management eingestiegen ist. Der gebürtige Hamburger begründet seine Analyse mit den bürokratischen, schwerfälligen und meist langwierigen Prozessen in den traditionellen deutschen Kreditinstituten, die im Small Business Banking oft ein Problem für die Unternehmen seien.

Die Struktur des deutschen Marktes mit seinen vielen kleinen Instituten widerspricht dem ganz offensichtlich nicht, wie es die bisherigen Erfahrungen des Qred-Managements zeigen. Da die Schweden ihre Kredite immer auf die Konten der eigentlichen Hausbanken ihrer Kunden überweisen, gibt es gesicherte Zahlen: Ungefähr 80% der Qred-Kunden kommen von einer Sparkasse oder einer Genossenschaftsbank. Etwa 10 bis 15% sind eigentlich bei der Commerzbank zu Hause. Der Rest entfalle insbesondere auf andere Digital- beziehungsweise Neobanken, erläuterte Wendt in dem Gespräch.

Warum Qred gerade hier ihre Nadelstiche setzen kann, ist ihm und der übrigen Bank-Führung klar: Es sind die unkomplizierten Beantragungen, die schnellen Kreditentscheidungen, eine rasche Auszahlung der Gelder und die flexiblen Rückzahlungsoptionen. Die schnellste Kreditabwicklung, die er bei Qred erlebt habe, seien 90 Minuten gewesen – vom Kreditantrag bis zum Geldeingang auf dem Konto, erzählt Wendt in dem Gespräch. Auf ihrer Webseite wirbt Qred mit einer Auszahlung innerhalb von 24 Stunden. Auch negative Bescheide kämen schneller als bei herkömmlichen Banken.

Das Geschäft in Deutschland, das weiterhin aus Schweden heraus gesteuert wird, soll mit zusätzlichen Krediten sowie Angeboten für ein Sparkonto und ab Anfang 2026 auch einer kostenlosen Kreditkarte weiter Auftrieb erhalten. Die Kreditkarte, für die Qred eine Kooperation mit Visa eingegangen ist, gibt es bisher auch schon in Schweden, Finnland und den Niederlanden. Bei der Kundenakquise setzt die Digitalbank weiterhin vor allem auf Kooperationen mit unabhängigen Finanzierungspartnern, wie etwa der Deutschen Firmenkredit Partner (DFKP). „Diejenigen, die mit ihrer Hausbank unzufrieden sind, werden uns finden“, ist auch Francis überzeugt.

Die Kehrseite des schnellen, KI-gestützten Geschäftsmodells von Qred sind allerdings auch exorbitant hohe Kreditausfallraten. Im ersten Halbjahr 2025 gab es beispielsweise deutliche Verbesserungen. Die Kosten für erwartete Kreditausfälle summierten sich trotzdem noch auf 47% des Umsatzes. Das waren umgerechnet rund 21 Mill. Euro. Unter dem Strich blieb damit von Januar bis Juni nur noch ein Nettogewinn von 2,9 Mill. Euro übrig.

Das Geschäftsmodell zu ändern, steht trotzdem nicht zur Debatte, wie das Management der Schweden klarstellt. „Wir sehen die Kreditausfälle nicht als Problem“, betont Wendt. „Unsere Mission ist es, Unternehmern zu helfen. Wir waren schon immer profitabel und erwarten, dies auch weiterhin zu bleiben.“ Das Problem sei vielmehr, dass die Großbanken zu vorsichtig agierten und vor allem Kreditgeschäft mit bonitätsstarken Unternehmen machten.

Von der „Financial Times“ wurde die Bank vier Jahre in Folge als eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas ausgezeichnet. Einen Börsengang von Qred halten die Gründer, die zusammen mit Mitarbeitern noch die Mehrheit halten, allerdings noch für zu früh. „Wir haben einen ambitionierten Businessplan“, sagt Co-Founder Francis. „Wir brauchen aber kein neues Equity dafür. Wir sind gut kapitalisiert.“ Jede Exit-Überlegung basiere nicht auf der Notwendigkeit einer zusätzlichen Finanzierung. Als Ankerinvestor ist seit 2021 allerdings auch die schwedische Private-Equity-Firma Nordic Capital dabei. Und die dürfte irgendwann ganz unweigerlich auf einen Ausstieg drängen.