Europa hofft auf den technologischen Quantensprung
Europa hofft auf den technologischen Quantensprung
Europa hofft auf den technologischen Quantensprung
Neue Daten der OECD und des Europäischen Patentamts sehen für den Kontinent gute Startvoraussetzungen für die nächste Technologierevolution
lz Frankfurt
Die Quantentechnologie mausert sich von einer wissenschaftlichen Spielwiese mit hohem Erkenntnisgewinn hin zur Kommerzialisierung mit marktgängigen Produkten. Und sie hat das Potenzial, die Art, wie wir Daten verarbeiten, kommunizieren und die Welt um uns herum messen völlig zu verändern, wie die Industrieländerorganisation OECD und das Europäische Patentamt (EPA) in einer gemeinsamen Sektorstudie zeigen. Die Wissenschaftler sprechen von einem „frühen Stadium der nächsten technologischen Revolution“, deren wirtschaftliche Auswirkungen zusammen mit Künstlicher Intelligenz (KI) allerdings unvorstellbar groß sein kann.
Hoher Patentanteil
Diesmal scheinen Europa und Deutschland zudem in der technologischen Spitzengruppe vorne dabei zu sein. Bei Quantenpatenten liegt Deutschland nicht nur an erster Stelle in Europa, sondern auch an fünfter weltweit. Sein Anteil an „Patentfamilien“ im Umfeld der Quantentechnologie, die international beantragt werden, stieg zwischen 2015 und 2024 weltweit gemessen von 4% auf 7%. Auch Europas Anteil hat dem EPA zufolge in diesem Zeitraum von 16 auf 25% zugelegt. Neben Deutschland sind in Europa vor allem Großbritannien und Frankreich in der Entwicklung aktiv.

„Quantentechnologien haben das Potenzial, höhere Produktivität zu erschließen und wissenschaftliche Durchbrüche voranzutreiben“, schreibt OECD-Generalsekretär Mathias Cormann dazu. Dazu müssten jetzt aber die richtigen Bedingungen für die Skalierung dieser Technologien geschaffen werden von Investitionen und Qualifikationen bis hin zu widerstandsfähigen Lieferketten.
Das aber heißt auch, dass Deutschland gerade bei der nächsten Entwicklungsstufe vom Labor und der Kleinserie hin zum Wachstum einer neuen Branche nicht bei der Förderung nachlassen darf. Voraussetzung ist dem EPA zufolge schon einmal der sichere Zugang zu bestimmten Rohstoffen wie Industriediamanten, Aluminiumoxid und oxometallischen Salzen.
Kapitalbeteiligungen nötig
Außerdem muss der Hunger nach frischem Kapital gestillt werden, damit europäische Quantenunternehmen ihre Wachstumsphase nicht in andere Länder verlegen. Die fünf größten Anmelder von Quantenpatenten sind aktuell IBM, LG, Toshiba, Intel und Microsoft. Unter den europäischen Unternehmen finden sich auf dieser Stufe allenfalls IQM Quantum Computers und die Robert Bosch GmbH. Der Sog in die USA ist also groß.
Gerade Startups fehle es aber oft am nötigen Kapital, um ihr Geschäft ausbauen zu können, mahnt die OECD. „Für die Kommerzialisierung der Grundlagenforschung sind Finanzmittel aus dem privaten Sektor erforderlich“, mahnt EPA-Präsident António Campinos, nicht nur Fördergelder. Rund 60% des weltweiten Investorenkapitals fließen dabei in US-Firmen. Campinos forderte Europas Regierungen auf, diesem Thema endlich Priorität einzuräumen.
Brüsseler „Quantum Act“
Berlin will mit einer eigenen Hightech-Strategie Quantentechnologien vorantreiben. Sie hat schon vor Jahren eine „Nationale Quantenstrategie“ mit Milliarden-Fördervolumen aufgelegt. Aber der Fokus liegt mehr auf Forschung, Entwicklung und Aufbau von Kompetenzen. Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) will dagegen mehr eine auf Wachstum ausgerichtete Strategie. Im jüngsten Innovationsgutachten forderte sie, den Fokus mehr auf den Transfer von Forschung in marktfähige Anwendungen zu lenken. Hier könnte auch der neu eingerichtete Deutschlandfonds eine wichtige Rolle spielen und Firmen aus dem Sektor verstärkt über Beteiligungskapital unterstützen. Auch Brüssel ist am Thema dran und hat mit dem „Quantum Act“ ein eigenes Gesetzespaket auf den Weg gebracht.
