Verhaltenes US-Jobwachstum spaltet die Fed
Verhaltenes US-Jobwachstum spaltet die Fed
det Washington
Die US-Wirtschaft hat im September nach dem leichten Einbruch vom Vormonat wieder mehr Jobs geschaffen. Das verhaltene Wachstum wird aber nicht ausreichen, um innerhalb der Notenbank die Debatte um den weiteren geldpolitischen Kurs zu entschärfen. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) berichtete, entstanden im September außerhalb der Landwirtschaft 119.000 neue Stellen. Bankvolkswirte hatten ein Plus von etwa 50.000 vorausgesagt. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 4,4%.
Argumente für und gegen Zinssenkung
In den drei Wochen seit der letzten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) sind tiefe Risse innerhalb des Entscheidungsgremiums sichtbar geworden. Einige Notenbanker plädieren wegen der Schwäche am Jobmarkt für aggressive Zinssenkungen. Andere stemmen sich angesichts der hartnäckigen Inflation dagegen. Der jüngste BLS-Bericht lieferte beiden Lagern Argumente.
Das andauernde schwache Stellenwachstum stärkt einerseits den Inflationstauben den Rücken. So entstanden seit Jahresbeginn im Monatsschnitt nur 76.00 Arbeitsplätze. Als Stützen des Arbeitsmarkts erwiesen sich im September das Gesundheitswesen und das Gastgewerbe, die jeweils 43.000 und 37.000 Mitarbeiter einstellten. Einbußen stellte das BLS in der Transportwirtschaft, der Lagerhaltung und bei Bundesbediensteten fest. In der Industrie sowie dem Einzel- und Großhandel waren die Werte kaum verändert. Viele Ökonomen sehen in der Seitwärtsbewegung den Vorboten einer Rezession.
Falken haben die Oberhand
Auch weisen Tauben wie Vorstandsmitglieder Christopher Waller, Stephen Miran und Michelle Bowman darauf hin, dass die Arbeitslosenquote im September den höchsten Stand seit Oktober 2021 erreichte. Damals begann die Wirtschaft gerade, sich von den Folgen der Corona-Pandemie zu erholen. Die Falken unter den FOMC-Mitgliedern erinnern aber daran, dass die Löhne auf Jahressicht um 3,8% stiegen, also stärker als im Vormonat. Gepaart mit den hohen Verbraucherpreisen sei dies Grund genug, um weitere Zinssenkungen bis 2026 aufzuschieben. Wie aus dem dem FedWatch Tool der CME Group hervorgeht, könnten die Falken derzeit am längeren Hebel sitzen. Denn nach der Veröffentlichung des BLS-Berichts schätzte das analytische Instrument die Chance einer Zinssenkung im Dezember nur auf etwa 40%.
Auch vor dem Arbeitsmarktbericht schien die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank im Dezember den Leitzins heruntersetzen würde, gesunken zu sein. Denn während der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) plädierte eine Mehrheit der Währungshüter dafür, auf eine weitere Lockerung zu verzichten. Wie aus dem Sitzungsprotokoll, den sogenannten „Minutes“, hervorgeht, äußerten „viele“ Notenbanker die Überzeugung, „dass es angemessen wäre, die Zielzone für die Federal Funds Rate bis zum Jahresende unverändert zu belassen“. Den Minutes zufolge sprachen sich Ende Oktober „mehrere“ Fed-Gouverneure für ein dritte Leitzinssenkung in diesem Jahr aus.
Inflation „leicht erhöht“
Im Jargon der US-Notenbank signalisiert „viele“ eine größere Zahl als „mehrere“. Auf ersten Blick würde das darauf hindeuten, dass eine Zinssenkung in drei Wochen unwahrscheinlich ist. Irreführend können die Formulierungen aber trotzdem sein. Nach ihrer Meinung werden nämlich alle 19 Mitglieder des FOMC befragt. Stimmberechtigt sind aber nur ein Dutzend. Unterdessen ist unklar, wie sich die Präferenzen auf die Währungshüter verteilen, die bei dem Zinsbeschluss ein Votum abgeben. Völlig überraschend waren die Kernaussagen des Protokolls nicht. Schließlich hatte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell gemeint, dass eine Zinssenkung im Dezember „keine ausgemachte Sache ist“.
In Bezug auf die Teuerung stellte das September-Protokoll fest, dass die Inflationsrate noch „ein wenig erhöht ist“. Zwar sei der Preisdruck, der von hohen Wohnkosten ausgeht, geringer geworden. Ausgleichen würde dies aber die zollbedingte Verteuerung bei Waren. Mit Blick auf den weiteren Kurs der Zinspolitik weckt das daraus gezogene Fazit keine großen Hoffnungen: „Wenig deutet darauf hin, dass die Inflation sich zeitnah und dauerhaft der Zielgröße nähern wird“. Im September hatten die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 3,0% zugelegt. Die Kernrate des PCE-Preisindex, das bevorzugte Inflationsmaß der Fed, zog im August um 2,9% an.
Datendefizit bereitet Probleme
Die Minutes spiegeln aber auch die Folgen des immensen Datendefizits wieder, mit dem die Notenbank als Folge des Shutdown zu kämpfen hat. Das gilt insbesondere für den Arbeitsmarkt. Powell verglich den geldpolitischen Entscheidungsprozess mit „einer Autofahrt im Nebel“. Kaum hilfreich wird sein, dass das Bureau of Labor Statistics (BLS) am Mittwoch bekannt gab, dass es erstmals keinen Oktober Arbeitsmarktbericht geben wird. Dafür will die statistische Behörde des Arbeitsministeriums den Bericht für November bereits in zwei Wochen publizieren.
