Neue Medikamentekandidaten

Novartis schraubt Mittelfristziele nach oben

Der Pharmakonzern Novartis will in den kommenden Jahren von seiner Pipeline mit vielversprechenden Medikamentenkandidaten profitieren.

Novartis schraubt Mittelfristziele nach oben

Novartis schraubt
Mittelfristziele nach oben

Höhere Umsatzerwartungen für Schlüsselmedikamente

Reuters Frankfurt

Der Schweizer Pharmakonzern Novartis erwartet trotz regulatorischer und geopolitischer Unsicherheiten anhaltenden Rückenwind durch seine wichtigsten Wachstumstreiber. „Seit unserer Transformation zu einem reinen Anbieter innovativer Arzneimittel weist Novartis eine beständige Erfolgsbilanz bei Umsatzwachstum und Margenausweitung auf, gestützt durch fortgesetzte Investitionen in unsere Pipeline, die unser Wachstum über Jahre hinweg antreiben wird“, sagte Vorstandschef Vas Narasimhan am Donnerstag bei einer Investorenveranstaltung in London.

Für die Jahre 2025 bis 2030 erwartet das Unternehmen ein jährliches Umsatzwachstum von 5% bis 6% zu konstanten Wechselkursen und knüpft damit an die jüngst erhöhte Prognose für 2024 bis 2029 an. Im Oktober hatte der Konzern dieses Wachstumsziel hochgeschraubt auf 6% von zuvor 5%, nachdem die Übernahme des US-Biotechunternehmens Avidity Biosciences angekündigt wurde.

Hoffen auf Schlüsselmedikamente

Treiber der Zuversicht sind höhere Umsatzerwartungen für Schlüsselmedikamente: Für das Brustkrebsmittel Kisqali erwartet der Konzern nun einen Spitzenumsatz von mehr als 10 Mrd. Dollar statt von 8 Mrd. Dollar. Grund sei die starke Nachfrage bei der Behandlung von frühem Brustkrebs, wo das Mittel hohe Marktanteile erobere, sagte Narasimhan. Beim Leukämie-Medikament Scemblix wird das Potenzial nun auf mehr als 4 Mrd. Dollar beziffert, 1 Mrd. mehr als zuvor. Das Mittel werde zunehmend in früheren Behandlungsphasen eingesetzt und setze sich gegen generische Konkurrenz durch.

Novartis verfüge damit nun über acht bereits eingeführte Medikamente mit einem Spitzenumsatzpotenzial von jeweils 3 bis 10 Mrd. Dollar – darunter das Schuppenflechte-Präparat Cosentyx und das Prostatakrebs-Mittel Pluvicto. Langfristig stütze sich das Wachstum auf eine Pipeline mit „mehr als 30 potenziell hochwertigen Medikamenten“. Binnen zwei Jahren erwartet der Konzern mehr als 15 zulassungsrelevante Studienergebnisse.

Novartis hatte sich mit der Abspaltung der Generika-Sparte Sandoz und zuvor der Augenheilsparte Alcon auf lukrative patentgeschützte Arzneimittel fokussiert.

Fokus auf US-Geschäft

Bis 2029 will der Konzern wieder eine operative Kernrendite von mehr als 40% erreichen. Nach den ersten neun Monaten 2025 lag sie bereits bei 41,2% – zwei Jahre früher als geplant. Die geplante Übernahme von Avidity Biosciences, die im ersten Halbjahr 2026 abgeschlossen werden soll, dürfte die Rendite jedoch vorübergehend um 1 bis 2 Prozentpunkte drücken.

Mit der 12 Mrd. Dollar schweren Übernahme von Avidity will der Konzern sein Geschäft mit Medikamenten gegen Muskelerkrankungen stärken. Damit sollen auch sinkende Erlöse bei etablierten Produkten wie dem Herzmittel Entresto ausgeglichen werden. Nach den jüngsten Milliardenübernahmen von Avidity, Tourmaline und Anthos solle das Tempo bei Zukäufen zunächst gedrosselt werden, um die Integration voranzutreiben, erklärte Narasimhan.

Zollthematik „beherrschbar“

Mit Blick auf den wichtigen US-Markt zeigte sich das Management zuversichtlich, die Risiken durch mögliche Strafzölle und Preisdebatten im Griff zu haben. Novartis zahle derzeit keine Zölle auf seine Medikamente, sagte Finanzchef Harry Kirsch. Die Situation sei durch Lagerbestände und den Aufbau neuer Produktionsstätten in den USA „sehr beherrschbar“.

Der Konzern investiert in den kommenden fünf Jahren 23 Mrd. Dollar in neue Forschungs- und Produktionskapazitäten, um Medikamente „in den USA für die USA“ herzustellen. Zugleich übte Narasimhan deutliche Kritik an der Preisgestaltung in Europa. „Europa steht an einem entscheidenden Punkt.“ Die geplanten US-Vergleichspreisregeln setzten Länder wie Deutschland, die Schweiz und andere G7-Staaten unter Zugzwang. Wenn diese Länder die Bewertung von Innovationen nicht änderten, sei es denkbar, „dass bestimmte Medikamentenklassen in Europa nur noch auf dem Privatmarkt eingeführt werden“.