ABB-Retter Jürgen Dormann ist tot
ABB-Retter Jürgen Dormann ist tot
Elektrotechnikkonzern ABB trauert um Jürgen Dormann
dz Zürich
„Jürgen Dormann hat eine der prägendsten Phasen in der Geschichte von ABB gestaltet“, heißt es in der Todesanzeige, die der Elektrotechnikkonzern am Donnerstag in der Schweizer Tagespresse veröffentlichen ließ. Vor 25 Jahren war Dormann angetreten, das Unternehmen vor dem Konkurs zu retten. Dessen Abstieg war längst im Gang, als im November 2001 der freie Fall einsetzte. Percy Barnevik hatte soeben seine astronomischen Pensionsbezüge von 148 Mill. sfr offengelegt. Gleichentags war er entlassen.
"Ich fuhr sofort nach Straßburg und hoffte, Jürgen Dormann als neuen Präsidenten gewinnen zu können“, erinnerte sich sein damaliger Vize Rolf Jeker vor Jahren im Interview. Die beiden saßen schon seit 1998 zusammen im ABB-Verwaltungsrat. „Er war mein absoluter Wunschkandidat und nicht nur meiner.“
Konsequenter Sanierer
Dormann eilte der Ruf des Strategen und konsequenten Sanierers voraus. Viel früher als andere hatte er erkannt, dass die Großchemie am Standort Deutschland keine Zukunft mehr hatte. Als Chef des Hoechst-Konzerns spaltete er diese in den 1990er-Jahren ab und fokussierte Hoechst auf das Pharmageschäft, das als Teil von Sanofi bis heute gedeiht.
Dormann folgte dem Ruf von ABB. Milliardenschwere Asbest-Klagen zwangen den Konzern die knappen Eigenmittel in Rückstellungen für Schadenzahlungen umzuwandeln. Bald gesellte sich eine Liquiditätsnot hinzu. Dormann blieb sachlich. Im ersten seiner berühmt gewordenen „Dormann Letters“, in denen sich der Chef regelmässig direkt an die Mitarbeitenden wandte, sprach er unverblümt das Risiko eines Bankrotts an. „Er war der erste, der so offen zu uns sprach“, erinnert sich ein damaliger Betriebsrat.
Die „Dormann Letters“ seien bis heute Ausdruck von Dormanns „außergewöhnlichem Führungsstil“, liest man in der Todesanzeige. Sie hätten den Mitarbeitenden Mut, Zusammenhalt und Zuversicht vermittelt, schreibt der Verfasser. Es dürfte sich um den amtierenden Verwaltungsratspräsidenten Peter Voser höchstpersönlich handeln. Voser war 2001 Dormanns Ruf gefolgt und hat als Finanzchef geholfen, ABB zu neuem Leben zu erwecken. Dormann ist am 30. September im Alter von 85 Jahren verstorben.