Früherer Fed-Chef

Alan Greenspan wird 95

Während seiner zwei Dekaden als Vorsitzender der US-Notenbank wurde Alan Greenspan als Superstar der internationalen Finanzwelt gefeiert, als „Maestro“ und „Hohepriester des Geldes“ wie Biografen ihn nannten. In der Tat hat der frühere Chef der...

Alan Greenspan wird 95

Von Peter De Thier, Washington

Während seiner zwei Dekaden als Vorsitzender der US-Notenbank wurde Alan Greenspan als Superstar der internationalen Finanzwelt gefeiert, als „Maestro“ und „Hohepriester des Geldes“ wie Biografen ihn nannten. In der Tat hat der frühere Chef der Federal Reserve, der am Samstag seinen 95. Geburtstag feiert, von 1987 bis 2006 die Geschicke des Weltfinanzsystems beeinflusst wie kaum ein anderer. 15 Jahre danach fallen die Bewertungen des mächtigen Notenbankers aber kritischer aus. Für konservative Republikaner, freie Marktwirtschaftler und Gegner staatlicher Regulierung ist Greenspan nach wie vor ein Held. Kritiker, unter ihnen prominente Ökonomen wie Joseph Stiglitz und Paul Krugman, halten ihn dagegen für einen der Verursacher der Preisblase am US-Häusermarkt, der mitverantwortlich gewesen sei für die globale Finanzkrise.

Der gebürtige New Yorker studierte an der Columbia-Universität und promovierte später an der New York University, wo seine Dissertation sich mit steigenden Häuserpreisen sowie deren Folgen für den Privatkonsum befasste und sogar die Möglichkeit einer gefährlichen Preisblase in Aussicht stellte. Nach dem Studium machte sich der junge Ökonom an der Wall Street als Mitbegründer des erfolgreichen Wirtschaftsberatungsunternehmens Townsend, Greenspan and Co. einen Namen.

Seine mehr als 30 Jahre in der eigenen Firma unterbrach Greenspan lediglich 1974, als Präsident Gerald Ford ihn ins Weiße Haus holte, wo der Senkrechtstarter Vorsitzender des Council of Economic Advisors (CEA) wurde. 1987 bot ihm Präsident Ronald Reagan die Nachfolge Paul Volckers an der Spitze der Fed an. Greenspans Traumjob, um den er sich bei seinen politischen Kontakten in Washington schon lange Zeit eifrig beworben hatte.

Reaktion auf Börsenkrach

Gefordert wurde der neue Notenbankchef nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt. Auf den Börsenkrach am 19. Oktober 1987, den sogenannten Schwarzen Montag, reagierte Greenspan mit Zinssenkungen und Repo-Geschäften, welche die wirtschaftlichen Folgen des Kurssturzes abmilderten. Der Policy-Mix aus niedrigen Zinsen und Offenmarktgeschäften wurde später als „Greenspan Put“ bekannt.

In den darauffolgenden Jahren beriet Greenspan Präsident George H.W. Bush ebenso wie seinen demokratischen Nachfolger Bill Clinton, dessen Plan zum Defizitabbau er aktiv unterstützte. Nach Ansicht von Kritikern überschritt der mächtige Währungshüter mit seiner Einmischung in die Wirtschaftspolitik, wo er als überzeugter Anhänger der amerikanischen Philosophin Ayn Rand durchweg konservative Positionen vertrat, häufig die Kompetenzen eines Notenbankers.

Auf die Börsenhausse reagierte Greenspan 1996 mit der legendären Warnung vor „irrationalem Überschwang“ und spekulativen Exzessen, stemmte sich aber grundsätzlich gegen striktere Finanzregulierung. Darüber, welchen Beitrag Greenspans Positionen und seine Geldpolitik zur Entstehung und dem späteren Platzen der Dotcom-Blase kurz nach der Jahrtausendwende leisteten, gehen die Meinungen auseinander. Weniger umstritten ist die Tatsache, dass konkrete Empfehlungen, die er abgab, eine Rolle bei der Subprime-Krise am Häusermarkt spielten.

Unter anderem ermutigte der Fed-Vorsitzende im Jahr 2004 Hauskäufer, Hypothekendarlehen mit variablen Zinssätzen aufzunehmen, die vielen aber zum Verhängnis wurden, als die Notenbank bald danach Zinserhöhungen beschloss. Auch lehnte Greenspan die Regulierung von jenen Finanzderivaten ab, die den Weg bereiteten für die Preisblase am Immobilienmarkt. Einige Jahre später räumte er allerdings ein, „teilweise falsch“ gelegen zu haben. Nach seiner Karriere bei der Fed gründete er die wirtschaftliche Beratungsfirma Greenspan Associates und nahm eine ehrenamtliche Position beim britischen Finanzministerium an.