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Atlantia-Chef Castellucci vor Abgang

bl - Angesichts des wachsenden Drucks auf die Infrastrukturgesellschaft Atlantia hat deren Großaktionär, die Familie Benetton, die Flucht nach vorn angetreten. Der langjährige CEO Giovanni Castellucci wollte offenbar - sicher nach vorherigem...

Atlantia-Chef Castellucci vor Abgang

bl – Angesichts des wachsenden Drucks auf die Infrastrukturgesellschaft Atlantia hat deren Großaktionär, die Familie Benetton, die Flucht nach vorn angetreten. Der langjährige CEO Giovanni Castellucci wollte offenbar – sicher nach vorherigem Einvernehmen mit den Benettons – bei einer außerordentlichen Hauptversammlung seinen Rücktritt einreichen. Eine Atlantia-Aufsichtsratssitzung hierzu war bei Redaktionsschluss aber noch nicht beendet.Nach dem Einsturz der Autobahnbrücke von Genua im August 2018 hatte die Familie, die über ihre Holding Edizione mehr als 30 % des Atlantia-Kapitals und deren Tochter, den Autobahnbetreiber Autostrade per l`Italia (Aspi), kontrolliert, zunächst den Managern die Stange gehalten. Das hat sich geändert, nachdem die Staatsanwaltschaft Genua am Freitag weitere Ermittlungen aufnahm, drei Manager unter Hausarrest stellte und gegen andere ein vorübergehendes Berufsverbot verhängte. Den Betroffenen wird vorgeworfen, noch nach dem Einsturz, bei dem 43 Menschen zu Tode kamen, Berichte über den Zustand von Brückenbauwerken geschönt zu haben, um teure Arbeiten zu vermeiden.In der Folge war der Aktienkurs eingebrochen. Aktionäre wie die Sparkasse von Turin, HSBC und der Staatsfonds von Singapur übten Druck aus. Außerdem droht der Entzug der Autobahnkonzession. Die Benettons erklärten, ihren guten Ruf verteidigen zu wollen. Von den vier Gründern sind noch zwei am Leben, zwei andere Stämme werden von der zweiten Generation geleitet.Castelluccis bevorstehender Abgang trifft das Unternehmen in einer schwierigen Lage. Der 60-Jährige ist seit 19 Jahren bei Atlantia bzw. Aspi, kennt die Unternehmen in und auswendig. Die Unternehmen sind in einer Umbruchphase, in der Edizione Ex-Manager Gianni Mion zurückgeholt hat, um die Interessen der Familie in einer Übergangsphase zu vertreten.Castelluccis Ausscheiden stellt die Benettons angesichts des Fehlens eines Plans B vor Probleme. Schließlich war es Castellucci, der die Übernahme der spanischen Autobahngesellschaft Abertis eingefädelt hatte und das schwierige Verhältnis zu dessen Aktionär ACS-Hochtief pflegte. Atlantia ist an Abertis mit 50 % und einer Stimme beteiligt. Die restlichen Anteile hält ACS-Hochtief, das zahlreiche Vetorechte hat. Und es war auch Castellucci der die mögliche Beteiligung von Atlantia an Alitalia eingefädelt hat.Castellucci ist ein Arbeitstier. Der Sohn eines Mediziners aus Senigallia in den Marken ist mit einem Jahreseinkommen von 5,05 Mill. Euro einer der bestbezahlten Manager des Landes und dürfte eine dicke Abfindung kassieren. Nach einem Ingenieurstudium in Florenz und einem Master of Business Administration an der Mailänder Bocconi hatte er seine Karriere bei Boston Consulting in Paris und Mailand begonnen. 2000 wurde er CEO des Nudelproduzenten Barilla. 2001 CEO der Autostrade, Vorgänger von Atlantia. Der verheiratete Vater von zwei Kindern ist leidenschaftlicher Segler, gehörte einst der Nationalmannschaft Italiens an und hat einen Segelbootproduzenten gegründet.