Melanie Maas-Brunner

Auf Bergtour im Chemiekonzern BASF

Melanie Maas-Brunner ist als Chief Technology Officer und Arbeitsdirektorin in der Doppelrolle, um den Umbau der BASF zur Klimaneutralität umzusetzen. Das könnte ihre Karriere weiter befördern.

Auf Bergtour im Chemiekonzern BASF

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Die Leidenschaft für Chemie war früh entwickelt. Dr. Melanie Maas-Brunner (53) hat sich schon zu Schulzeiten für Naturwissenschaften begeistert. Die Entscheidung, dies in einem Chemiestudium fortzusetzen, ist schnell getroffen. Geboren in Korschenbroich am Niederrhein zieht es sie an die Universität Aachen, wo sie 1995 auch promoviert wird – auf dem Gebiet der homogenen Katalyse. Vor ihrem Eintritt in die BASF vertieft sie ihr Know-how als Forschungsassistentin in Aachen und an der kanadischen Universität von Ottawa. Trotz eines hohen wissenschaftlichen Interesses habe sie keinen Moment gezögert, das Angebot der BASF anzunehmen. Sie wollte nicht im Elfenbeinturm bleiben, sondern etwas in der Praxis umsetzen und in ihrem Metier in einem Unternehmen etwas bewegen.

Start im Labor

In guter Tradition für eine Laufbahn im Chemiekonzern startet sie am BASF-Stammsitz in Ludwigshafen ihre berufliche Karriere in der Forschung. Eines ihrer frühen Projekte ist die Entwicklung eines gesundheitlich unbedenklichen Weichmachers für Kunststoffe, der in Kinderspielzeug, medizinischen Geräten oder Sportprodukten eingesetzt werden kann. Von da an geht es für die passionierte Bergsteigerin nicht nur im Urlaub, sondern auch im Chemiekonzern bergauf. Sie wechselt mit ihrem erforschten Weichmacher vom Labor in die Produktion – wo bis dahin nur sehr selten Frauen aufgetaucht sind. Anschließend arbeitet sie zwei Jahre im Stab des späteren CEOs Dr. Jürgen Hambrecht. Um Auslandserfahrung zu sammeln, zieht Maas-Brunner 2008 für fünf Jahre mit Mann und damals 15 Monate altem Sohn nach Hongkong und hilft mit, das Asiengeschäft des Dax-Konzerns voranzubringen. Die Zeit dort in dynamisch wachsenden Märkten habe ihre Überzeugung gestärkt, dass eine kundennahe Forschung in der Chemie extrem wichtig sei, sagt sie.

Zurück nach Ludwigshafen geht es im Jahr 2012. Sie lebt mit ihrer Familie in Bad Dürkheim, profiliert sich in leitenden Positionen in verschiedenen Märkten und Kundenindustrien, bevor sie im Februar 2021 in den BASF-Vorstand aufsteigt. In der obersten Führungsriege übernimmt sie zunächst die Rolle des Chief Technology Officer – die zentrale Position im Technik-Ressort war zuvor ein Steckenpferd von Dr. Martin Brudermüller, bevor er zum Vorstandschef aufrückte. Maas-Brunner wird wenige Monate später zusätzlich in Nachfolge von dem in die USA gesandten Michael Heinz Arbeitsdirektorin und Standortleiterin für das Werk Ludwigshafen – auch größter Forschungsplatz im Konzern.

Doppelrolle

In der Doppelrolle als CTO und Standortleiterin ist die Managerin in herausgehobener Rolle, um die Forschung zu gestalten und global auszubauen – BASF investiert jährlich mehr als 2 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Speziell in Asien will der Konzern die Entwicklung von Innovationen nahe an Kundenindustrien forciert voranbringen.

In ihrer Verantwortung für den Standort Ludwigshafen ist Maas-Brunner zudem maßgeblich für die Transformation der Chemieindustrie in Richtung Nachhaltigkeit verantwortlich. Sie sieht sich in zwei Rollen, die ineinandergreifen. Denn Nachhaltigkeit müsse bei Innovationen von Beginn an berücksichtigt werden, um umweltfreundliche Chemieprodukte zu entwickeln. Gleichzeitig muss die industrielle Herstellung der Erzeugnisse an ökologischen Kriterien ausgerichtet werden.

Epochale Aufgabe

Die Herausforderung in beiden Rollen der Managerin ist enorm. BASF hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu arbeiten. Das Werk Ludwigshafen hat dabei eine entscheidende Bedeutung, werden doch in den Anlagen dort nach Angaben des Unternehmens 7 von global rund 22 Millionen Tonnen Treibhausgas ausgestoßen. Nun heißt es, neue Prozesse und Verfahren zu entwickeln, um die Klimaziele zu erreichen – Maas-Brunner bezeichnet es als technologische Revolution. Bislang wird der Steamcracker, das Herz der integrierten Chemieproduktion, mit Erdgas betrieben. Der fossile Rohstoff soll durch Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzt werden, gearbeitet wird deshalb am ersten Elektro-Cracker-Ofen. Zweites zentrales Thema für den Konzern ist die energieeffiziente Herstellung von Wasserstoff, ein wichtiges Vorprodukt für viele Prozesse.

Maas-Brunner zeigt sich zuversichtlich, dass die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit gelingen kann. BASF habe Wissen und Technologie, um die Chemie nach dieser Maßgabe umzubauen. An die Politik richtet sie den Appell, den notwendigen regulatorischen Rahmen zu schaffen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und den Aufbau der Infrastruktur für grünen Strom zu fördern.

Die sportliche Managerin begibt sich mit ihrer epochalen Aufgabe ins Hochgebirge, doch wenn es gut läuft, könnte es sie auf ihrer Klettertour im Unternehmen noch weiter nach oben bringen.

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