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Azevedos Seitenwechsel sorgt für Kritik

rec - Es ist ein Seitenwechsel, der für Kritik aus der Politik sorgt und so in Deutschland nicht möglich wäre: Der scheidende Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevedo, nimmt eine hochrangige Stelle beim US-Lebensmittelkonzern Pepsico...

Azevedos Seitenwechsel sorgt für Kritik

rec – Es ist ein Seitenwechsel, der für Kritik aus der Politik sorgt und so in Deutschland nicht möglich wäre: Der scheidende Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevedo, nimmt eine hochrangige Stelle beim US-Lebensmittelkonzern Pepsico an. Der erste Arbeitstag des Brasilianers bei seinem neuen Arbeitgeber wird der 1. September sein – einen Tag nachdem Azevedo sein Amt als WTO-Chef niederlegt.Bei dem Hersteller von Snacks und Getränken, der besser als erwartet aus der Coronakrise gekommen ist, wird Azevedo stellvertretender Vorstandsvorsitzender. In der neuen Funktion wird er laut Mitteilung von Pepsico für die Beziehungen des Konzerns zu Regierungen im In- und Ausland, Regulierungsbehörden, internationalen Organisationen und anderen Interessengruppen zuständig sein. Dieser Umstand und der nahtlose Übergang von der Spitze jener kriselnden Organisation, die die Spielregeln für den internationalen Handel mit Waren und Dienstleistungen setzt und über deren Einhaltung wachen soll, lösten gestern Kopfschütteln aus. Ohne AbkühlphaseBernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament, schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: “Manchmal ist die Wirklichkeit doch noch schlechter als ein mittelmäßiger Roman über Verflechtungen von Politik und Wirtschaft.” Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, findet: “Gerade in der Handelspolitik, wo es um handfeste Konzerninteressen geht, ein ziemlich kritikwürdiger Schritt.” Eine Abkühlphase beim Wechsel in die Privatwirtschaft sehen die Statuten der WTO nicht vor.Pepsico-Chef Ramon Laguarta hat Azevedo in Genf kennengelernt, wo dieser schon Jahre, bevor er 2013 zum Nachfolger des Franzosen Pascal Lamy an der Spitze der WTO ernannt wurde, die Interessen seines Heimatlandes als Handelsbotschafter vertrat. Laguarta verwies auf Azevedos Kenntnisse “des komplexen sozialen, politischen und regulatorischen Umfelds”, in dem sich Konzerne wie Pepsico behaupten müssten, und äußerte sich anerkennend über dessen “weltumspannendes Netzwerk”. Der gelernte Elektroingenieur war vor seiner Zeit in Genf Vize-Wirtschaftsminister in Brasilia. In seiner politischen Laufbahn hatte er zudem Posten in anderen Hauptstädten wie Washington und Montevideo inne. Den Wandel unterstützenPepsico gerät immer wieder ins Visier von Umweltschützern. Der Konzern hat angekündigt, den Ausstoß an Plastikmüll substanziell senken und die Diversität im Unternehmen erhöhen zu wollen. Diesen Wandel wolle er unterstützen, wird Azevedo in einer Mitteilung zitiert.