BASF-Chef Kamieth auf Verkaufstour
BASF-Chef Kamieth auf Verkaufstour
So viel vorweg: „Ich wurde noch nie für den Nobelpreis in Betracht gezogen“. So schrieb es Markus Kamieth, Chef des weltgrößten Chemiekonzerns BASF, mit einem Augenzwinkern versehen nach der Bekanntgabe der diesjährigen Preisträger aus dem Bereich Chemie. „Fun Fact“ laut Kamieth: Er hat als Chemiker „in meiner (nicht allzu erfolgreichen) F&E-Karriere“ zeitweise genau in dem Bereich geforscht, für den der Preis in diesem Jahr vergeben wurde – sogenannte metallorganischen Gerüstverbindungen (MOFs).
China im Fokus
Nach eigenem Bekunden nicht allzu erfolgreich in Forschung und Entwicklung hat der 55-Jährige gleichwohl eine rasante Karriere hingelegt. Sein gesamtes Berufsleben nach der Promotion 1998 hat er bei BASF verbracht, seit Frühjahr 2024 ist er Konzern-CEO als Nachfolger von Martin Brudermüller, der den Chemieriesen seit 2018 geführt hatte. Kamieth hatte zuvor das wichtige Asiengeschäft geleitet, mit Dienstsitz in Hongkong.
In China baut BASF gerade einen neuen Verbundstandort, der Konzern hegt große Hoffnungen für das Chinageschäft. Laut Experten sollen bis 2030 zwei Drittel des Wachstums in der Chemie aus China kommen, da wollen die Ludwigshafener ein großes Stück vom Kuchen ab haben. Während in China Wachstum angesagt ist, ist der Heimatstandort in Ludwigshafen auf Schrumpfkurs. Und CEO Kamieth ist derzeit vor allem auf Verkaufstour, denn BASF will sich von einigen Segmenten trennen, um sich krisenfester aufzustellen. Zuletzt war die Trennung von der Mehrheit an BASF Coatings gelungen, die dafür bei der BASF eingegangenen 5,8 Mrd. Euro waren mehr als Analysten zuvor erwartet hatten. Ebenfalls positiv aufgenommen wurde eine kurz darauf verkündete Intensivierung der Zusammenarbeit mit der chinesischen Xiaomi.
In der kommenden Woche wird BASF Zahlen für das abgelaufene dritte Quartal präsentieren. Wirtschaftlich steht die Chemiebranche derzeit im Sturm. Das schwierige konjunkturelle Umfeld, hohe Energiepreise und die schwächelnde Kauflaune der wichtigsten Abnehmerbranche erschweren BASF und Co derzeit das Geschäft. Beim Kapitalmarkttag Anfang Oktober versprühte Kamieth dennoch Zuversicht. „Unser Fokus auf Portfoliosteuerung, Kapitalallokation und Performance-Kultur wird BASF gut positionieren, um zukünftig profitabel zu wachsen“, so der Vorstandschef. Allerdings hatte der Konzern im Sommer der schwierigen Situation Tribut gezollt und die Prognose für das laufende Geschäftsjahr nach unten korrigiert. An den Mittelfristzielen bis 2028 wurde nicht geschraubt, sie wurden vielmehr beim Kapitalmarkttag bestätigt.
„Chemie-Nerd“
Dass er mal den weltgrößten Chemiekonzern führen würde, hätte in Kamieths jungen Jahren vermutlich niemand gedacht. „In meiner Familie hatte vor mir noch nie jemand Abitur gemacht oder studiert“, hat er, der aus einer Bergbau-Familie stammt, sich mal in einem Interview mit dem Alumninetzwerk seiner ehemaligen Universität Essen erinnert. „Das Bildungssystem mit seinen Möglichkeiten hat mir die Tür aufgemacht. Das, in der Kombination mit der Liebe zur Wissenschaft, war meine Chance“.
Kamieth war nach eigenem Bekunden schon in der Schule ein „Chemie-Nerd“, noch heute höre er im Unternehmen, „dass ich ein bisschen zu neugierig bin auf technische Details“. Er sei „im Herzen Wissenschaftler und fasziniert durch neue Technologien. Ich glaube, ein Herzblut-Wissenschaftler kann Führungskraft, Betriebswirtschaft, Finanzen und alles, was man so lernen muss, dazulernen. Umgekehrt ist es schwierig.“