Italiens Finanzsektor

Bau- und Medienunternehmer steht der Regierung nah

Der Bau- und Medienunternehmer Francesco Caltagirone ist mit Hilfe der Regierung zu einer zentralen Figur auch in Italiens Finanzsektor geworden.

Bau- und Medienunternehmer steht der Regierung nah

Italiens Finanzsektor

Caltagirone zieht nun auch
im Finanzsektor die Fäden

Mit Hilfe Roms ist der Unternehmer eine zentrale Figur in Italiens Wirtschaft geworden

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Mit 82 Jahren ist der römische Bau- und Medienunternehmer Francesco Gaetano Caltagirone mächtiger denn je. Denn im Verbund mit der Regierung und der Holding Delfin der Familie Del Vecchio hat er nicht nur die Kontrolle der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) übernommen. Nein, Caltagirone kontrolliert nun auch die von ihr übernommene einflussreiche Investmentbank Mediobanca und indirekt die Versicherung Generali. Der der Regierung nahe stehende Caltagirone verfügt damit über eine Machtfülle ohnegleichen.

Womöglich ist es beim Aufbau dieser Machtposition nicht koscher zugegangen. Die Staatsanwaltschaft Mailand ermittelt gegen ihn, MPS-CEO Luigi Lovaglio und Francesco Milleri, CEO von Delfin und des Brillenrisen EssilorLuxottica. Es geht um angebliche Marktmanipulationen und falsche Informationen an die Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit der Übernahme der Mediobanca. Die Beteiligten sollen sich abgestimmt haben.

In Wahrheit soll es ihnen um die Kontrolle der Generali gegangen sein, deren größter Anteilseigner die Mediobanca war: Jetzt ist es die Monte dei Paschi. Zusammen mit ihr kontrollieren Caltagirone und Delfin jetzt mehr als 30% des Versicherers. Bei den Untersuchungen geht es auch um die Umstände des Verkaufs eines 15%-igen Staatsanteils an der Monte dei Paschi im November 2024. Das Verfahren war wenig transparent und erfolgte offenbar unter Ausschluss anderer Interessenten wie BlackRock und Unicredit.

Großes Interesse an Generali

Caltagirone ist am Ziel. In den letzten Jahren hatte er, zunächst im Verbund mit dem inzwischen verstorbenen EssilorLuxottica- und Delfin-Chef Leonardo Del Vecchio, vergebens versucht, die Kontrolle bei der Generali zu übernehmen und deren CEO Philippe Donnet zu stürzen. Das Interesse an der Generali ist auch seitens des Staates groß. Denn der Versicherer kontrolliert ein Vermögen von mehr als 900 Mrd. Euro und hat italienische Staatsanleihen von 42 Mrd. Euro im Portfolio. Das hat Bedeutung für das hoch verschuldete Land.

Verquickung privatwirtschaftlicher und staatlicher Interessen

Caltagirone „konnte“ mit allen Regierungen – auch wenn diese politisch eher links standen. Rechtsregierungen steht er aber näher. Er profitiert von der immer engeren Verquickung privatwirtschaftlicher und staatlicher Interessen unter Premierministerin Giorgia Meloni. Diese wird nicht nur im Fall Monte-dei-Paschi, Mediobanca, Generali deutlich. Rom hat seinen Einfluss zuletzt mit der Golden-Power-Regelung etwa bei Telecom Italia und der Post deutlich ausgeweitet und die Übernahme der BPM durch Unicredit verhindert. Die EU-Kommission hat deswegen ein Verfahren eingeleitet.

Caltagirone handelt häufig im Einklang mit Delfin. Er gehört zu einer Gruppe von Unternehmern, die oft bis in hohe Alter an der Spitze ihrer Unternehmen bleiben, so wie Luciano Benetton, Luca Cordero di Montezemolo, Gianluigi Aponte (MSC) oder die in den letzten Jahren verstorbenen Silvio Berlusconi, Giorgio Armani und Del Vecchio.

Aus einer sizilianischen Familie

Caltagirone wurde in Rom geboren, kommt aber aus einer sizilianischen Familie, die schon seit 1800 im Baugeschäft tätig ist. Er spielt eine wichtige Rolle im Industriellenverband Confindustria, kontrolliert Italiens zweitgrößten Zeitungsverlag mit Titeln wie Il Messagero (Rom), Il Mattino (Neapel), Il Gazzettino (Venedig) und andere. Und auch die Nachfolge ist gesichert. Der Vater von drei Kindern hat seine Tochter Azzurra als Chefin des Zeitungsverlags installiert.