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Das ESG-Datenproblem der Immobilienbranche

Vielen Immobilienunternehmen fehlt es an Transparenz über ihre ESG-Daten. Das hat Folgen für die Finanzierung, sagt Johanna Fuchs-Boenisch. Warum sie überzeugt ist, dass die Immobilienbranche beim Thema Nachhaltigkeit noch deutlich mehr leisten kann, und wie sie als CEO das Aus der ESG-Datenplattform Susteco erlebt hat, erklärt sie im Podcast.

Das ESG-Datenproblem der Immobilienbranche

Im Podcast: Johanna Fuchs-Boenisch

Mit Herzblut für die Immobilienbranche

sar Frankfurt

Die Immobilienbranche spielt bei der nachhaltigen Transformation eine große Rolle, doch am Überblick über ESG-Daten mangelt es vielerorts. Es gebe einige „wirklich tolle Vorreiter“, sagt Johanna Fuchs-Boenisch im Podcast „Nachhaltiges Investieren“ der Börsen-Zeitung. In vielen Unternehmen fehle es aber an Transparenz. „Und zwar gar nicht, weil die Unwillens sind, sondern weil das eine schwierige Nuss ist, die man hier zu knacken hat.“

Wie schwer Veränderungen zu erzielen sind, hat sie in den zurückliegenden Monaten selbst erlebt. Fuchs-Boenisch wurde 2023 CEO bei Susteco, einer Plattform, über die Akteure der Immobilienbranche ihre ESG-Daten erfassen und analysieren konnten. Die Idee hinter dem Ansatz: stärker kollaborativ arbeiten. Susteco wurde 2023 als Bosch-Tochter in Berlin gegründet. Doch Mitte April hat der Konzern entschieden, das Corporate Start-up einzustellen. Der Konzern wolle sich auf seine Kernthemen konzentrieren, erklärt Fuchs-Boenisch – dazu habe Susteco als reines Innovationsthema nicht gehört.

Auch das wirtschaftliche Umfeld sei schwierig: „Gestiegene Zinsen, der makroökonomische Outlook. Das sind alles Themen, wo eine Datenplattform vielleicht noch als ‚nice to have‘ betrachtet wird und nicht als ein ‚must have‘“, so ihre Erfahrung.

Ich weiß, dass gerade wir hier in Deutschland das auch besser können. Da bin ich absolut überzeugt davon.

Johanna Fuchs-Boenisch

Fuchs-Boenisch sieht das freilich anders, für sie gehören ESG-Daten weit oben auf die Agenda: „Die Immobilienbranche trägt zum Beispiel bis zu 40% aller CO2-Emissionen bei. Das ist ein Riesenthema“, betont sie. Dem müsse die Branche sich annehmen. In der Vergangenheit habe man bei Digitalisierung und ESG nicht so genau hingeschaut, kritisiert sie.

Nun werde vieles probiert, doch ihr geht es zu langsam: „Ich finde es erstaunlich, dass wir uns das leisten, hier so rumzukrebsen. Weil ich weiß, dass gerade wir hier in Deutschland das auch besser können. Da bin ich absolut überzeugt davon“, sagt Fuchs-Boenisch. Kleine Fortschritte könnten aus ihrer Sicht spürbare Verbesserungen bringen: „Wir haben da natürlich auch eine Riesenchance, weil: Einsparung ist Einsparung. Egal, ob ich da ESG draufschreibe oder was anderes.“

ESG-Transparenz beeinflusst Finanzierung

Sie ist sicher, dass ESG-Transparenz bei Finanzierungen zunehmend eine Rolle spielen wird. „Banken verlangen immer mehr Transparenz, auch was ihr Reporting angeht. Und meine persönliche Meinung ist, dass es einen Riesenunterschied macht, ob ich mit sieben oder acht Banken sprechen kann und deren Erfordernisse erfülle oder ob es nur mehr zwei sind.“ Fuchs-Boenisch hat vor ihrer Rolle bei Susteco selbst Erfahrung als Investmentmanagerin gesammelt – und musste sich den ESG-Aspekten zu Beginn selbst erst annähern. „Ich muss ehrlich sagen, ich war mir der Thematik natürlich auch nicht so bewusst“, räumt sie ein.

Inzwischen ist sie aber überzeugt, dass die Transparenz bei ESG-Daten auch Einfluss auf harte Bewertungs- und Finanzierungsfragen hat. Bei Immobilientransaktionen preise man als Investmentmanager mit ein, was man über die Immobilie wisse. Wenn die Immobilie sich als Blackbox herausstelle, müsse man die Abschläge schätzen – und dies geschehe üblicherweise mit einem ordentlichen Puffer. „Dann haue ich da irgendeinen Risikodiskont drauf und preise es womöglich falsch ein.“

Wir können hier viel reißen als Branche.

Johanna Fuchs-Boenisch

Den Themen ESG und Immobilien will Fuchs-Boenisch treu bleiben. „Der Immobilienbranche bleibe ich auf jeden Fall erhalten. Das ist mein gewähltes Thema und dafür schlägt mein Herz“, sagt sie.

Gerade mit Blick auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung gibt es ihrer Meinung nach noch viel zu tun. „Wir können hier viel reißen als Branche, und das möchte ich natürlich in der Praxis auch wieder umsetzen“, sagt Fuchs-Boenisch. „Dann in anderer Aufgabe, aber mit nicht weniger Herzblut.“