Pharmaindustrie

Das Führungsduo von Novartis steht vor der Patent-Klippe

CEO Vasant Narasimhan und Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt leiden unter mangelndem Investorenvertrauen. Ein überraschendes Urteil in ein einem Patentstreit hat die Stimmung nicht verbessert.

Das Führungsduo von Novartis steht vor der Patent-Klippe

Das Führungsduo von Novartis steht vor der Patent-Klippe

Von Daniel Zulauf, Zürich

Novartis-Chef Vasant Narasimhan steht bei den Aktionären des Basler Pharmakonzerns in der Bringschuld. Der 46-jährige Amerikaner war 2018 mit dem Auftrag in die Schweiz gekommen dem 2006 aus der Fusion der beiden Chemiefirmen Ciba und Sandoz hervorgegangene Unternehmen den bürokratischen Mief auszutreiben und den Konzern auf einen dynamischen Wachstumskurs zu bringen.

Einiges hat der promovierte Mediziner erreicht, vieles ist er den Investoren aber schuldig geblieben. Die jüngste Episode um den gerichtlichen Rücksetzer im langjährigen Patentstreit um das Herzmedikament Entresto, das in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Umsatz- und Wachstumsbringer des Konzerns avancierte, wirft ein Schlaglicht auf die aktuellen Herausforderungen des CEO.

Entresto war mit einem Umsatz von
4,6 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr das zweiwichtigste Medikament in der Novartis-Pipeline. Die Pille steigerte die Verkäufe 2022 um fast 1,4 Mrd. Dollar – weit mehr als jedes andere Präparat in der Novartis-Apotheke. Der Erfolg von Entresto ist selbstredend ein Grund zur Freude für die Novartis-Aktionäre. Zu denken gibt diesen aber der Umstand, dass die immerhin schon gut acht Jahre alte Wunderpille den Karren der Schweizer noch immer zum großen Teil allein zieht. Um erfolgreiche Medikamente jüngeren Datums zu finden, muss man in der Blockbuster-Liste von Novartis in den hinteren Rängen suchen.

Das sollte anders ein, angesichts der Tatsache, dass Narasimhan seit seiner Ankunft weit über 25 Mrd. Dollar ausgegeben hat, um die Novartis-Pipeline mit erfolgsversprechenden Medikamenten und Wirkstoffen aufzufüllen. Nicht alle dieser Einkäufe sind schon definitiv bilanziert, einige aber sind schon mehr oder weniger als Rohrkrepierer abgeschrieben.

Vor diesem Hintergrund kommt vielleicht nicht überraschend ist, dass Novartis den Patentstreit um Entresto nicht an die große Glocke hängen wollte. Narasimhan & Co. verpassten es, die Investoren in geeigneter Weise auf die heikle Phase dieser Auseinandersetzung vorzubereiten. Sie haben damit die eben erst wieder etwas gestiegene Zuversicht der Aktionäre abrupt gebremst. Kritsch hinterfragen lassen muss sich aber nicht nur der CEO, sondern auch dessen Veraltungsratspräsident Jörg Reinhardt. Der 67-jährige Deutsche war im Jahr 2013 in die Fußstapfen von Daniel Vasella getreten, dessen Gehaltsexzesse einen denkbar schlechten Eindruck nicht nur bei Novartis hinterlassen hatten. Reinhardt ordnete alsbald den Rückbau von Vasellas Diversifizierungsstrategie an. Mit der geplanten Abspaltung des Generikaherstellers Sandoz wird demnächst das letzte Element aus der Vasella-Zeit aus dem Novartis-Universum verschwinden.

Ein Multi für seltene Krankheiten

Das Unternehmen soll sich fortan mit teuren Hightech-Medikamenten als Spezialist für seltene Krankheiten profilieren. Bislang ist es aber immer noch von Medikamenten wie Entresto abhängig, die einen Massenmarkt adressieren. Die Pandemie hat gezeigt, dass auch dort Top-Forschung dringend nötig ist und in hohem Maß lukrativ sein kann. Vielleicht gehört auch Reinhardts Strategie zu Narasimhans aktuellen Problemen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.