Deutsche Bundesbank

Der Neue aus Nordhessen für München

Großer Bahnhof in der Münchner Leopoldstraße: Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Bayern erhält einen neuen Chef. Er kommt aus Nordhessen.

Der Neue aus Nordhessen für München

Von Michael Flämig, München

Von „kleiner Feier“ war mancherorts die Rede, letztlich wurde es ein ganz großer Bahnhof. Die Spitze der bayerischen Finanzwirtschaft pilgerte am Dienstag in die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in München, um den Abschied des Präsidenten Franz Josef Benedikt (65) per Ende Juli zu würdigen – und dessen Nachfolger Reinhold Vollbracht willkommen zu heißen. Welche echte Sympathie und weitreichende Wertschätzung Benedikt in der Szene genießt, machten nicht zuletzt die Reden von Bayerns Finanzminister Albert Für­acker („er ist uns ans Herz gewachsen“) und von HVB-Chef Michael Diederich als Vorsitzendem des Bayerischen Bankenverbands („zur Leitfigur geworden“) deutlich. Aber vor rund 230 Gästen hielt auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel in seinem Festvortrag mit Anerkennung nicht hinter dem Berg: Benedikt sei ein kompetenter, glaubwürdiger und gewinnender Kommunikator.

Eine Last für Nachfolger Vollbracht? Diesen Eindruck machte der Diplom-Betriebswirt nicht. „Zu einer Amtswechselfeier gehört nicht nur jemand, der aus dem Amt ausscheidet, sondern auch jemand, der das Amt übernimmt. Dieser Jemand bin ich“, so seine unabweisbare Einschätzung. Er sei der Neue, lautete seine – angesichts seiner Bundesbankkarriere seit dem Berufseintritt 1988 – fast ironisch angehauchte Begrüßungsformel beim Händeschütteln mit den eintreffenden Gästen, vorgetragen mit einem offenen Blick und einem breiten Lächeln.

Der neue Chef der Hauptverwaltung, der sein Amt am 1. August antritt, habe sich in der Bundesbank seit 2012 besonders in Leitungspositionen der Aufsicht verdient gemacht, strich Nagel heraus. Die am meisten strategische berufliche Aufgabe sei mit der Einführung der europäischen Bankenaufsicht im November 2014 gekommen. Vollbracht habe den Aufbau und die Leitung jener Stabstelle übernommen, die an der Aufsicht über die signifikanten deutschen Kreditinstitute mitwirkt. Das aktuell nicht ganz so stark ausgeprägte bayerische Lokalkolorit werde sich Vollbracht nun bald aneignen, sagte der Badener Nagel: „Da bin ich mir sicher.“ 

Füracker formulierte dies mit bayerischem Hintersinn zugespitzter. Vollbracht werde es schnell gelingen zu erkennen, wie man sich zurechtfinde in Bayern, erklärte zwar auch der Minister –  um dann hinzuzufügen: Wenn die Bayern sagten, man werde sich noch kennenlernen, sei das die liebevolle Aufforderung für gute Kontaktpflege und weniger eine Drohung. Insofern könne er sagen: „Wir werden uns kennenlernen.“

Diesem Hinweis darauf, wo der Hammer hängt, zeigte Vollbracht sich gewachsen. Er stamme aus Hessen, sagte er in seiner Rede: „Genauer: aus Nordhessen.“ Er erwähne dies, obwohl es in Hessen völlig belanglos sei, ob jemand aus den Regierungsbezirk Kassel oder Gießen oder Darmstadt komme. „Dies ist in Bayern erkennbar anders, wie ich in mehreren Gesprächen festgestellt habe“, sagte Vollbracht. Der dritte oder vierte Satz eines Gesprächs laute oft schon, dass man aus Oberbayern oder Oberfranken komme. Dazu stehe er als Nordhesse neutral: „Ich hoffe, dass Sie mir das durchgehen lassen und mir daraus hier keine Nachteile erwachsen.“

Seine Pläne für die neue Heimat? Bei seinem ersten Telefonat mit Benedikt, nachdem der Bundesbankvorstand dem Duo seine Entscheidung offengelegt habe, habe Benedikt gesagt: „Ich übergebe Ihnen ein wohlbestelltes Haus.“ Er habe keinen Zweifel daran, so Vollbracht. Er sei sich aber sehr bewusst, dass der Vorstand der Bundesbank seine Aufgabe in München nicht darin sehe, nur darauf zu achten, das Erbe zu verwalten und gut aufzupassen, dass sich nichts verändere, sagte Vollbracht. Die Zeitenwende werde erhebliche Auswirkungen auch auf die Beschäftigten der Bundesbank haben. In der Außenvertretung wolle er dazu beitragen, Geldpolitik transparenter und verständlicher zu machen, auch durch Engagement im Bildungsbereich. Nach innen wolle er transparent und ehrlich durch die Veränderungen führen: „Ein offener Dialog mit allen Beteiligten, auch und gerade mit der Personalvertretung, ist mir dabei wichtig.“

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