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Der rätselhafte Milliardär

Von Joachim Herr, München Börsen-Zeitung, 25.8.2020 Daniel Kretinsky tritt gern höflich und zurückhaltend auf. Das könnte seine Masche sein. Hinter der nach außen gepflegten Bescheidenheit verbirgt sich ein kühler Stratege, der sein...

Der rätselhafte Milliardär

Von Joachim Herr, MünchenDaniel Kretinsky tritt gern höflich und zurückhaltend auf. Das könnte seine Masche sein. Hinter der nach außen gepflegten Bescheidenheit verbirgt sich ein kühler Stratege, der sein Beteiligungsimperium Stück für Stück ausweitet. Eine Aura des Rätselhaften und Obskuren umgibt den 45 Jahre alten tschechischen Milliardär.Derzeit stellt sich mal wieder die Frage, was Kretinsky mit der Metro vorhat, nachdem der Vorstandsvorsitzende Olaf Koch seinen Rückzug von dem Handelskonzern zum Ende dieses Jahres angekündigt hat (siehe unten stehenden Artikel). Die Beteiligungsgesellschaft EP Global Commerce (EPGC), die Kretinsky kontrolliert, ist mit 29,99 % größter Aktionär der Metro. 2019 war EPGC mit einem freiwilligen Übernahmeangebot gescheitert, weil die angepeilte Mindestquote verfehlt worden war.Für Kretinsky sitzt seit Anfang dieses Jahres Marco Arcelli im Aufsichtsrat der Metro. Der Manager mit einem italienischen und einem Schweizer Pass leitet die Unternehmensentwicklung der von Kretinsky geführten Energieholding EPH, die unter anderem im ostdeutschen Braunkohletagebau einschließlich Kraftwerken investiert ist. Wird Arcelli nun als verlängerter Arm des Investors auf einen eigenen Kandidaten für Kochs Nachfolge bestehen? Arcelli ist übrigens im Beteiligungsgeflecht von Kretinsky, der auch den Fußballklub Sparta Prag kontrolliert, und dessen langjährigem Partner Patrik Tkac eine Ausnahme. Alle anderen Vertrauten seien Landsleute der beiden Tschechen, heißt es.In Deutschland engagiert sich Kretinsky auch als Aktionär von ProSiebenSat.1. Seine Holding Czech Media Invest (CMI) besitzt nach der jüngsten Pflichtmitteilung etwas mehr als 12 % an dem Fernseh- und Internetkonzern und ist vor dem italienischen Konzern Mediaset (11,73 %) der Aktionär mit den meisten Stimmrechten (vgl. BZ vom 12. Juni). Zu CMI gehören auch Medien in Tschechien sowie in Frankreich wie die Tageszeitung “Le Monde”.Vor kurzem erhielt das Management von ProSiebenSat.1 einen Brief von Kretinsky. Wie zu hören ist, drückt der Großaktionär darin seine Unterstützung für die Strategie von Rainer Beaujean aus. Der Vorstandssprecher konzentriert sich noch mehr als sein Vorgänger Max Conze aufs Kerngeschäft Unterhaltung und wegen der weggebrochenen Werbeerlöse vor allem auf Profitabilität und das Liquiditätsmanagement. Beaujean sagt über CMI und den dritten größeren Aktionär KKR: “Ich glaube, dass sie mich verstehen und ich sie.” Wenn sie nicht mit der Entwicklung zufrieden wären, würden sie es sagen. So wie es der Finanzvorstand von Mediaset tat. Interview zur PandemieAngesichts der Zurückhaltung Kretinskys fiel in der Frühphase der Coronavirus-Pandemie ein Interview von ihm in der tschechischen Boulevardzeitung “Blesk” auf, die CMI gehört. Kretinsky selbst hatte sich infiziert und die Krankheit mit leichten Symptomen überstanden. Im Interview kritisierte er Aspekte des Umgangs mit der Seuche, etwa mit Statistiken und der Übersterblichkeit. So sagte er: “Ich behaupte, dass in diesem Jahr mehr Menschen an einem Autounfall sterben werden als in einer gesunden Bevölkerung am Coronavirus.”Das Vermögen des promovierten Juristen beträgt laut Forbes-Liste der Superreichen 3,4 Mrd. Dollar. Das größte Vermögen in Tschechien hat Petr Kellner mit fast 19 Mrd. Dollar. Dessen Tochter Anna (23), eine Springreiterin, war zumindest eine Zeit lang mit dem fast doppelt so alten Kretinsky liiert. Zuletzt hieß es vor einigen Monaten, sie seien getrennt.