Frauenquote

Deutz setzt Vorstandschef vor die Tür

Nach Differenzen über den Umgang mit Vorgaben für mehr Frauen in Vorständen muss Frank Hiller muss seinen Platz als Vorstandsvorsitzender beim Motorenhersteller Deutz räumen. Der Geschasste will die Entscheidung nicht auf sich sitzen lassen und kündigte an, sich rechtliche Schritte vorzubehalten.

Deutz setzt Vorstandschef vor die Tür

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Am Ende ging es dann doch ganz schnell: Der Aufsichtsrat der Deutz AG hat einstimmig die Abberufung des seit Januar 2017 amtierenden Vorstandsvorsitzenden beschlossen. Mit sofortiger Wirkung muss Dr. Frank Hiller seinen Platz räumen. Zum Nachfolger wurde Dr. Sebastian Schulte (43) erkoren, der bislang als Finanzvorstand und Arbeitsdirektor fungierte. Schulte war erst im Frühjahr 2021 zu Deutz gestoßen.

Hiller (54) selbst lässt die Vorgänge allerdings nicht auf sich sitzen: „Diese Entscheidung ist für mich nicht nachvollziehbar. Eine rechtliche Grundlage kann ich hierfür nicht erkennen“, teilte der Geschasste in einer Stellungnahme mit und kündigte an, sich rechtliche Schritte vorzubehalten. Dabei dürfte es wohl um die Auszahlung seines erst im Februar 2021 erneuerten Vorstandsvertrags gehen, der bis Ende 2026 gelaufen wäre.

Das Tischtuch zwischen Vorstands- und Aufsichtsratschef ist endgültig zerschnitten – vordergründig geht es in dem seit Wochen schwelenden Streit um die Besetzung einer Vorstandsposition mit einer Frau. Doch wenngleich Deutz vom Zweiten Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) betroffen ist, das im Sommer 2021 in Kraft trat, wird das Gesetz erst zum 1. August dieses Jahres wirksam und erstreckt sich dann auch nur auf Neubestellungen. Will heißen: Selbst die Erweiterung des Vorstands auf vier Köpfe im vorigen Frühjahr führte nicht dazu, dass Deutz auf die Schnelle eine Frau in das Führungsgremium holen musste, auch wenn Investoren vorausschauendes Agieren an dieser Stelle wohlwollend begleiten.

Mit dem Wechsel von Finanzchef Schulte auf den CEO-Posten ist es jedoch nicht getan. Vielmehr hat auch Aufsichtsratschef Dr. Bernd Bohr den Vorsitz niedergelegt, bleibt aber Mitglied im Kontrollgremium. Der Aufsichtsrat schätze die professionelle und umsichtige Zusammenarbeit mit dem einstigen Bosch-Manager, heißt es. Zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden wurde der ehemalige Audi-Vorstand Dr. Dietmar Voggenreiter gewählt.

Zugleich gibt Deutz bekannt, den jetzt vakanten Vorstandsposten mit einer Frau besetzen zu wollen. Ein entsprechender Suchprozess sei bereits aufgesetzt. „Mit Sebastian Schulte übernimmt ein führungsstarker Analytiker und Teamplayer den Vorstandsvorsitz“, wirbt der neue Aufsichtsratschef für die gefundene Lösung. Der Umkehrschluss lässt tief blicken und dürfte wohl mit ein Grund für die abrupte Trennung sein.

Über Wochen hatte sich die Debatte über die Vorstandsbesetzung hingezogen, besonders pikant dabei, dass sie öffentlich geführt wurde. In der Debatte soll Bohr sogar vorgeschlagen haben, Vorstandsmitglied und Vertriebschef Michael Wellenzohn zum Generalbevollmächtigten zu degradieren, um den Vorstand auf diesem Weg wieder auf drei Köpfe zu dezimieren und der vermeintlichen Pflicht zur Bestellung einer Frau in den Vorstand zu entgehen.

Als „Desaster auf ganzer Linie“ bezeichnet Dietmar Erlebach von der Aktionärsvereinigung DSW das Geschehen und steht mit dieser Einschätzung nicht allein da. Die im SDax notierte Aktie gab am Montag in der Spitze um 13,5% nach. Dem aktivistischen Investor Ardan Livvey, der im Juni vorigen Jahres eingestiegen war, dürfte das Geschehen in die Hände spielen.

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