Nachruf

Eckhart Thomas †

Der Jurist und Verleger Eckhart Thomas, ehemals Vorsitzender der Geschäftsführung der WM Gruppe, ist am 14. November im Alter von 94 Jahren verstorben.

Eckhart Thomas †

Eckhart Thomas †

fed Frankfurt

Ein Gespräch mit Eckhart Thomas hat sich nie in den Belanglosigkeiten eines „Small Talks“ erschöpft, und es nahm selten den erwarteten Verlauf. Denn Thomas war viel zu wach und zu neugierig, führte Unterhaltungen auf neue argumentative Pfade und stellte die Art von Nachfragen, die einem Gesprächspartner oft genug vergegenwärtigen konnten, dass er bislang vielleicht etwas zu oberflächlich auf ein Thema geblickt hatte.

Der Mann, der die Geschicke und Geschichte der Börsen-Zeitung über Jahrzehnte mitgestaltete und begleitete, wurde von einigen als „Gentleman der alten Schule“ beschrieben. Das ist zwar insofern nicht falsch, als dass Thomas eine bemerkenswerte Höflichkeit kennzeichnete, die Menschen heutzutage wohl als große Achtsamkeit und Empathie beschreiben würden. Und dass er im Auftritt ähnlich unaufgeregt war wie die Börsen-Zeitung. Aber der Begriff der „alten Schule“ führt insofern in die Irre, als dass damit ausgeblendet werden wird, wie interessiert Thomas stets auch an frischen und innovativen Überlegungen war – und wie engagiert er neue Ideen ventilierte. „Es muss sich viel ändern, damit alles so (gut) bleibt, wie es ist“, bezeichnete er selbst als seinen Leitsatz.

In Berlin geboren verbrachte Thomas Teile seiner Kindheit in Italien. Später eignete er sich auch die englische und die französische Sprache an – und zwar so gut, dass er sich als staatlich geprüfter Dolmetscher ausweisen durfte. Nach dem Jura-Studium in Heidelberg und Genf arbeitete er in einer Forschungsgruppe an völkerrechtlichen Themen und in einer Kanzlei. Durch eine Banklehre bei der Deutschen Bank vervollständigte er, der über kaufmännisches Gespür ebenso verfügte wie über Entschlossenheit bei der Umsetzung, seine kreditwirtschaftliche Kompetenz.

Nach dem jähen Tod seines Stiefvaters Paul Keppler übernahm er 1961 die
Leitung des auf Fachzeitschriften über Papier und Verpackungen spezialisierten
P. Keppler-Verlags. Der Verlag wiederum war und ist Gesellschafter der WM Gruppe, in der auch die Börsen-Zeitung erscheint. Im März 1968 trat Thomas dann bei der Börsen-Zeitung ins Management ein. Thomas war der Zeitung über die folgenden Jahrzehnte in vielen Funktionen verbunden, etwa als Vorsitzender der Geschäftsführung. Seine mit Abstand wichtigste Rolle aber war die des Lesers. Der Vater von vier Töchtern war ein Vielleser, nicht nur des eigenen Blatts. Und insofern war ihm die publizistische Qualität der Börsen-Zeitung mindestens so wichtig wie deren wirtschaftlicher Erfolg.

Der frühere Chefredakteur Hans Konradin Herdt hat Thomas einmal mit den folgenden Worten beschrieben: „Er schätzt die leisen Töne; er nimmt sich zurück, ohne zurückgezogen zu wirken; er ist in hohem Maße kontaktfreudig, ohne sich anzubiedern; er hat Freude an der Sprache und der Kunst der Formulierung; er ist empfänglich für einen nuancenreichen Humor und – in diesem Lande selten genug – für eine listige Ironie, die dem Wesen der Dinge oft näher kommt als langatmige Erklärungen.“ Eckhart Thomas ist vor wenigen Tagen im Alter von 94 Jahren gestorben.