Laborfleischbranche

Ein Tierfreund serviert Huhn

Die Forschung des Wissenschaftlers und Upside-Foods-CEO Uma Valeti dürfte bald von kommerziellem Erfolg gekrönt sein. In den USA könnte absehbar das erste Hähnchenfleisch aus Zellkultur serviert werden.

Ein Tierfreund serviert Huhn

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Die Hühner weltweit sollten die gute Nachricht als Erste erfahren: Mit „Bawk bawk ba-kawk bawk“ hat Uma Valeti, CEO und Mitgründer von Upside Foods auf Twitter die frohe Botschaft geteilt, dass sein Unternehmen als erstes von der US-Gesundheitsbehörde FDA grünes Licht für in Zellkultur gezüchtetes Fleisch erhalten hat. Das sei „ein großer Moment für Upside Foods, aber ein noch größerer Moment für Hühner“, ruft der Laborfleischpionier dem Federvieh zu. Daher habe sich das Unternehmen entschieden, die Neuigkeiten direkt mit ihnen – in ihrer Sprache – zu teilen.

Das positive Votum der Food and Drug Administration ist noch keine Zulassung, es bescheinigt dem 2015 unter dem Namen Memphis Meats gegründeten Unternehmen jedoch eine hohe Sicherheit seines im Bio­reaktor aus Tierzellen hergestellten Hühnerfleisches. Damit gelte das kultivierte Fleisch als genauso sicher wie Hühnerfleisch aus konventioneller Tierhaltung und als unbedenklich für den menschlichen Verzehr.

In der Kulturfleischbranche wird dieser Erfolg als historischer Meilenstein gefeiert. Das kalifornische Unternehmen könne nun mit dem Produkt in den Standardprozess für die Zulassung von Lebensmitteln einsteigen. Die USA wären nach Singapur das zweite Land, das Laborfleisch genehmigt.

Valeti hat vor Gründung von Up­side Food als Kardiologe und Wissenschaftler gearbeitet und lange an Verfahren zur künstlichen Fleischerzeugung geforscht. Er folgt dem Ziel, „echtes“ Fleisch zu züchten und dabei einen Bruchteil der Ressourcen im Vergleich zur Massentierhaltung einzusetzen. Anders als Fleischersatzprodukte ist Kulturfleisch nicht vegan oder vegetarisch, sondern in der Zusammensetzung vergleichbar mit konventionellem Tierfleisch.

Valeti und seine Mitstreiter haben früh prominente Investoren in die Küche geholt und auch die traditionelle Fleischindustrie als Geldgeber gewonnen. Schon in den ersten Finanzierungsrunden engagierten sich bekannte Unternehmer wie Bill Gates oder Richard Branson sowie die Venture-Capital-Firma Threshold und der Lebens- und Futtermittelhändler Cargill. Wenig später stieg auch der Konzern Tyson Foods ein, der als weltweit größter Produzent von Rind-, Geflügel- und Schweinefleisch gilt. Als Geldgeber konnte Upside Foods schließlich auch die US-amerikanische Supermarktkette Whole Foods gewinnen. Zum Kreis der Geldgeber gehören zudem Kimbal Musk, Softbank, Temasek, die VC-Gesellschaft Norwest und der Abu Dhabi Growth Fund.

In der jüngsten Runde haben Valeti und sein Team im Jahr 2022 den Rekordbetrag von 400 Mill. Dollar eingesammelt, was das gesamte Finanzierungsvolumen der Firma nach Branchenangaben auf 800 Mill. Dollar bringt. Ein Teil der Mittel wurde dafür eingesetzt, eine Produktionsstätte für die kommerzielle Herstellung des Laborfleisches aufzubauen. Im Markt wird davon ausgegangen, dass Upside Food es nach der wichtigen Entscheidung der FDA nun in der zweiten Jahreshälfte 2023 zur vollständigen Zertifizierung ihres Hühnerfleisches bringen wird. Zunächst sollen Restaurants beliefert werden, doch der in Indien aufgewachsene Valeti denkt deutlich weiter, er will der gesamten Weltbevölkerung den Tisch decken: „Wir werden zehn Milliarden Menschen bis 2050 ernähren müssen, los geht’s.“

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