Barclays

Epstein-Skandal bringt Jes Staley zu Fall

Barclays-CEO Jes Staley hat offenbar die Unterstützung des Boards verloren, nachdem die Bankenaufsicht Untersuchungsergebnisse zu Staleys persönlichem Verhältnis zu Jeffrey Epstein veröffentlichte. Der US-Investmentbanker hat daraufhin sein Mandat niedergelegt.

Epstein-Skandal bringt Jes Staley zu Fall

Von Andreas Hippin, London

Jes Staley (64) hat offenbar die Unterstützung des Boards von Barclays verloren. Der US-Investmentbanker an der Spitze der britischen Großbank war schon früher angeeckt, ohne dass es für ihn schwerwiegende Folgen gehabt hätte, etwa als er sich in bester Cowboy-Manier auf die Suche nach einem Whistleblower machte. Damals beließ es der Board bei einem Verweis und einer „sehr signifikanten Anpassung“ seiner variablen Vergütungskomponente. Seine von Erfolg gekrönte Strategie, Barclays zur Transatlantikbank umzubauen, war nicht unumstritten. Doch gaben seine Gegner angesichts guter Geschäftszahlen klein bei. Nun kam er bei einem Nachbeben des Skandals um Jeffrey Epstein zu Fall.

Der verstorbene Millionär, dessen Tod im Metropolitan Correctional Center in Manhattan von den Journalisten Alana Goodman und Daniel Halper unter dem Titel „A Convenient Death (Ein zweckdienlicher Tod)“ beschrieben wurde, bekannte sich 2008 der erzwungenen Prostitution einer Minderjährigen schuldig. Später wurde ihm sexueller Missbrauch in etlichen weiteren Fällen vorgeworfen. Auf seiner Privatinsel sollen zahllose Prominente zu Gast gewesen sein.

Epstein war Kunde von J.P. Morgan, wo Staley einst als Nachfolger für Jamie Dimon gehandelt wurde. Der Branchenveteran war drei Jahrzehnte für die US-Großbank tätig. Von 2009 bis 2012 führte er ihr Investment Banking und hatte in dieser Funktion reichlich Kundenkontakt. Staley brach die Verbindung zu Epstein nach dessen Verurteilung nicht ab. Die Kontakte seien 2013 und 2014 weniger geworden und Mitte 2015 abgerissen, sagte er. „Offensichtlich dachte ich, dass ich ihn gut kenne”, sagte Staley über Ep­stein. „Das war aber nicht so. Rückblickend bedauere ich zutiefst, irgendeine Beziehung mit Jeffrey Epstein gehabt zu haben.“

Wie aus einer Pflichtveröffentlichung der Deutsche-Bank-Rivalin hervorgeht, erfuhren das Institut und er am Freitag die vorläufigen Ergebnisse einer im Februar 2020 eingeleiteten Untersuchung der Banken- und Finanzaufsichtsbehörden. Sie befasste sich damit, wie Staley seine Beziehung zu Epstein der Bank gegenüber charakterisierte und wie das Institut die Beziehung danach in seiner Antwort auf eine Anfrage der Finanzaufsicht beschrieb (vgl. BZ vom 14.2.2020).

Damals hatten sich Chairman und Board noch hinter ihn gestellt und Staley auf der Hauptversammlung im Mai zur Wiederwahl vorgeschlagen. Nun heißt es, Staley und der Board seien mit Blick auf die vorläufigen Ergebnisse und den Umstand, dass Staley sie anfechten wolle, übereingekommen, dass er seine Ämter als CEO und Boardmitglied niederlegen werde. C.S. Venkatakrishnan übernimmt mit sofortiger Wirkung die Führung der Bank. Auch „Venkat“ arbeitete lange Jahre bei J.P. Morgan, unter anderem als Chief Investment Officer im Bereich Global Fixed Income.

Lohnfortzahlung vereinbart

Es müsse festgehalten werden, dass die Untersuchung nicht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Staley Zeuge der Verbrechen war, die Ep­stein vorgeworfen wurden, oder von ihnen wusste, heißt es in der Pflichtveröffentlichung. Demnach hätte sich an der Grundlage für die Unterstützung des Boards für Staley nach der Verhaftung von Epstein im Sommer 2019 nichts geändert. Doch will man offenbar nicht, dass das Geschäft leidet, während sich der CEO um seinen Streit mit der Aufsicht kümmert.

„Der Board ist von diesem Ergebnis enttäuscht“, teilte die Bank mit. Entsprechend der vertraglichen Kündigungsfrist werde Staleys Festgehalt für weitere zwölf Monate bezahlt. Auch die Kosten für eine Rückkehr in die Vereinigten Staaten würden von der Bank getragen. Über weitere Ver­gütungsbestandteile sei noch keine Entscheidung gefallen. Venkats ­Festgehalt von 2,7 Mill. Pfund ist 300 000 Pfund höher als das von ­Staley.

Im Whistleblower-Skandal war es um anonyme Briefe an Boardmitglieder und eine Führungskraft gegangen, die von der Compliance-Abteilung der Bank als Whistleblower eingestuft wurden. In ihnen wurden Zweifel an der persönlichen Eignung einer neu eingestellten Führungskraft aufgeworfen und die Frage gestellt, was Staley davon wusste. Staley beauftragte die Abteilung Group Information Security (GIS) damit, den Verfasser zu ermitteln. GIS ließ sich sogar von einer nicht genannten US-Strafverfolgungsbehörde zur Hand gehen.

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