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Erst Bonus, dann Pleite

Bloomberg - J.C. Penney: 10 Millionen Dollar. Chesapeake Energy: 25 Millionen. Hertz Global Holdings: 1,5 Millionen. So viel wurde Managern Wochen oder sogar nur Tage vor der Insolvenz an Boni versprochen. Von rund hundert größeren amerikanischen...

Erst Bonus, dann Pleite

Bloomberg – J.C. Penney: 10 Millionen Dollar. Chesapeake Energy: 25 Millionen. Hertz Global Holdings: 1,5 Millionen. So viel wurde Managern Wochen oder sogar nur Tage vor der Insolvenz an Boni versprochen. Von rund hundert größeren amerikanischen Firmen, die seit Beginn des Coronavirus-Shutdown Konkurs angemeldet haben, sagten 19 ihren Managern insgesamt 131 Mill. Dollar (114 Mill. Euro) zu. Die Zahl dürfte noch steigen, während sich die Pandemie ausweitet und die Arbeitslosigkeit in den USA dramatisch steigt.Die Unternehmen argumentieren, dass sie ihre Managementteams bei der Stange halten müssen, um die Firmen – unterstützt von Beratern – durch die Krise zu führen. Dabei nehmen sie in Kauf, auch Führungskräfte zu belohnen, die bereits am Ruder waren, als es mit dem Geschäft abwärts ging. Den Gläubigern sind die Boni ein Dorn im Auge. Eine Handhabe haben sie dagegen allerdings nur, wenn die Zusagen nach dem Insolvenzantrag gemacht wurden.Die Praxis ist nicht neu, wohl aber das Umfeld, in dem sie angewendet wird. Während sich die Konjunktur im Sturzflug befindet und Tausende weitere Amerikaner wegen der Insolvenz von J.C. Penney ihre Jobs verlieren dürften, sind die Zahlung von 4,5 Mill. Dollar an Chief Executive Officer Jill Soltau und Boni für andere Führungskräfte beschlossene Sache. Fairerweise ist zu erwähnen, dass die Managerin die Leitung des Kaufhausbetreibers erst 2018 übernahm, als es für das Unternehmen bereits seit Jahrzehnten nicht gut lief.”Wir finden das wirklich anstößig, wenn man bedenkt, was die Mitarbeiter im Durchschnitt verdienen, dass Sozialleistungen gekürzt werden und wegen der Ladenschließungen Leute entlassen werden”, sagt Julie Farb vom Gewerkschaftsverband AFL-CIO. “Das aktuelle Covid-Umfeld verschlimmert das ganze noch.” J.C. Penney wollte sich nicht hierzu äußern.Nach amerikanischem Recht können Gläubiger und der sogenannte U.S. Trustee, der für das Justizministerium Insolvenzen überwacht, Bonuszahlungen an Führungskräfte während des Insolvenzverfahrens anfechten – aber keine Zahlungen vor dem Insolvenzantrag. Hierfür bleibt Kreditgebern nur eine kostspielige und zeitaufwendige Klage.In den vergangenen Wochen habe der U.S. Trustee etwa ein Dutzend Boni als zu hoch bemängelt, zumeist aber ohne Erfolg, sagt Peter Carr, Sprecher der Institution.Hertz, der von der Pandemie schwer getroffene Autovermieter, schüttete noch am 19. Mai 1,5 Mill. Dollar an drei Spitzenmanager aus – ein Teil von insgesamt 16,2 Mill. Dollar an Boni. Drei Tage später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Im April hatte die Firma mitgeteilt, dass sie in Nordamerika 10 000 Stellen gestrichen habe. Auf eine Anfrage reagierte Hertz nicht.Die Telekomfirma Frontier Communications Corp., die unter mangelnder Nachfrage nach Festnetzanschlüssen leidet, genehmigte im Februar Boni und meldete im April Konkurs an. Frontier gab keinen Kommentar dazu ab.Auch der Öl- und Gasförderer Chesapeake zögerte nicht mit Bonuszahlungen an Manager, darunter CEO Doug Lawler, der das Unternehmen seit 2013 führt. Im Mai teilte die Firma mit, sie werde an 21 Führungskräfte 25 Mill. Dollar an Boni auszahlen, auch wenn manche Gehaltskürzungen hinnehmen mussten. Ende Juni meldete Chesapeake Insolvenz an. Das Unternehmen lehnte einen Kommentar ab.Befürworter dieser Praxis argumentieren, dass die Unternehmensleitung ihr Augenmerk eher darauf richten müsse, welchen Nutzen Manager im Insolvenzverfahren bringen könnten, als darauf, was sie in der Vergangenheit geleistet hätten. Das Board brauche Leute, “die das Geschäft kennen, die das Vermögen des Unternehmens kennen, die die Nuancen und Facetten des Geschäfts kennen und die dieses Verständnis und Wissen nutzen können, um in Zukunft Wert zu schaffen”, sagt Ian Keas von Pearl Meyer, einer Beratungsfirma für Managervergütung. Nicht auch noch belohnenDie Gegner hingegen bemängeln nicht nur das Timing. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, stagnierender Löhne und hoher Gesundheitsrisiken für viele schlecht bezahlte Arbeiter stünden solche Boni den Unternehmen schlecht zu Gesicht. Es gehe nicht nur darum, Gläubiger zu schützen, sondern auch um Fairness gegenüber den Mitarbeitern.Und schließlich sollten Führungskräfte, die ein Unternehmen in die Insolvenz geführt haben, dafür nicht auch noch belohnt werden, meint Nell Minow von Value Edge Advisors, einer Aktionärsberatungsfirma. “Es wird mit Stabilität und Kontinuität argumentiert”, erklärt sie. “Aber wenn ein Unternehmen in die Insolvenz geht, sollten Stabilität und Kontinuität vielleicht nicht gerade im Vordergrund stehen. Vielleicht sollte man eher die Strategie überdenken.”