Luftfahrt

Ex-Chefpilot von Boeing muss vor Gericht

Der ehemalige Chef-Testpilot von Boeing ist wegen seiner Rolle bei der Krise um die problematische Software des Pannenflugzeugs 737 Max angeklagt worden. Er habe die Ermittlungen behindert.

Ex-Chefpilot von Boeing muss vor Gericht

dpa-afx

Im Zuge der Ermittlungen zum Pannenflugzeug Boeing 737 Max ist der ehemalige Chef-Testpilot der Maschine angeklagt worden. Ihm wird vorgeworfen, US-Behörden falsche und unvollständige Angaben zu dem Assistenzsystem gemacht zu haben, das eine zentrale Rolle bei zwei Abstürzen des Flugzeugs spielte. Deshalb seien Airlines und deren Piloten nicht über die Funktionsweise der Software unterrichtet worden, heißt es in der Anklageschrift.

Das System mit dem Namen MCAS sollte den Piloten der 737 Max helfen, das Flugzeug in der richtigen Position zu halten. Es wurde notwendig, weil die Maschine eine modifizierte Version der 737 aus den 60er Jahren ist. Die Max bekam größere Triebwerke – und dadurch konnte in manchen Fällen die Nase des Flugzeugs nach oben gehen. Die Software sollte dann gegensteuern und leicht korrigieren. Doch wie sich herausstellte, konnte MCAS auch in anderen Situationen eingreifen und die Maschine nach unten lenken. Bei den zwei Abstürzen in Indonesien 2018 und in Äthiopien 2019 waren Piloten nicht darauf vorbereitet.

Bei den Unglücken kamen 346 Menschen ums Leben. Die 737 Max war während der Untersuchungen für 20 Monate mit Flugverboten belegt worden. Die Krise kostete Boeing Milliarden. Ermittlungen gegen den Konzern selbst waren am Ende der Amtszeit von Präsident Donald Trump mit einem 2,5 Mrd. Dollar schweren Vergleich beigelegt worden.

Boeing hatte der US-Luftverkehrsbehörde FAA ursprünglich mitgeteilt, dass MCAS nur in einer seltenen Situation eingreifen solle – wenn das Flugzeug scharfe Kurven bei hoher Geschwindigkeit mache. Doch im November 2016 stellte Chef-Testpilot Mark Forkner im Flugsimulator fest, dass das System auch bei deutlich niedrigerem Flugtempo aktiv wurde. „Also habe ich die Regulierer belogen (unwissentlich)“, schrieb Forkner danach einem Kollegen im firmeninternen Chat. Dieser Austausch war bereits bekannt, seit Boeing ihn 2019 veröffentlichte.

Forkner stand seitdem im Visier der Ermittler. In der Anklage wird ihm jetzt vorgeworfen, er habe nach der Überraschung beim Simulator-Flug bei einem Kollegen verifiziert, dass das System bei niedrigeren Geschwindigkeiten greife – und das den Regulierern verschwiegen. Die Folge sei gewesen, dass MCAS nicht in den Unterlagen zur Schulung der Piloten für die Max-Version er­wähnt worden sei, betonten die Ankläger. Die FAA sei erst nach den Abstürzen auf das System aufmerksam geworden.

Ex-Testpilot und Anwälte hatten stets betont, dass Forkner nie wissentlich Passagiere und Besatzungsmitglieder in Gefahr gebracht habe.

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