Louise Öfverström

Dax-Aspirant Nemetschek: Finanzchefin vertraut auf Wachstumschancen

Das Münchner Softwareunternehmen Nemetschek kann auf einen Aufstieg in den Dax hoffen. Aus Sicht der schwedischen Finanzchefin Louise Öfverström wäre das die Krönung für die Vision des Firmengründers.

Dax-Aspirant Nemetschek: Finanzchefin vertraut auf Wachstumschancen

CFO von Dax-Aspirant Nemetschek hat Schwäche für kaltes Wasser

Von Joachim Herr, München

Ob der Sprung in den Dax gelingt? Nemetschek zählt zu den Aufstiegskandidaten für die höchste deutsche Börsenliga. Anfang September gibt die Deutsche Börse die Änderungen für ihre Indizes bekannt. Das Münchner Softwareunternehmen hat in den vergangenen zwei Jahren seine Marktkapitalisierung auf gut 15 Mrd. Euro mehr als verdoppelt und damit zumindest Außenseiterchancen.

Seit gut zweieinhalb Jahren ist Louise Öfverström im Vorstand und als CFO für Finanzen sowie für IT und Recht verantwortlich. Die 50 Jahre alte Schwedin würde sich über eine Aufnahme in den Dax freuen – „und für alle, die an diesem Erfolg mitgearbeitet haben“, wie sie im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt. „Das wäre auch eine Bestätigung für unser starkes Geschäftsmodell und die Krönung für die Vision und den Pioniergeist von Prof. Nemetschek.“

Der Bauingenieur Georg Nemetschek gründete das Unternehmen im Jahr 1963. Ein erstes Programm zu Baustatik entwickelte er im Jahr 1977. Heute deckt das Softwareangebot den vollständigen Lebenszyklus von Bau- und Infrastrukturprojekten ab – vom Planen und Bauen bis zum Gebäudemanagement.

„Neugierig und innovativ“

Hinzu kommt Software für Filmproduktionen, für die Spiele- und Werbeindustrie, um zwei- und dreidimensionale digitale Inhalte zu erstellen. „Eine Aufnahme in den Dax wäre eine Bestätigung dafür, mit einer Idee frühzeitig Marktchancen zu erkennen und immer neugierig und innovativ zu bleiben und den Mut zu haben, die Idee konsequent weiterzuverfolgen.“

Auch im Fall einer Aufnahme in den Dax bliebe das Tagesgeschäft in den bisherigen Bahnen: „Für uns würde sich wenig ändern“, meint Öfverström. "Wir haben bereits heute einen guten Zugang zu unseren Investoren und können mit unserem Auftritt auf dem Kapitalmarkt überzeugen.“

Eine transparente und kontinuierliche Kommunikation ist aus ihrer Sicht ein entscheidendes Element. Das gilt besonders in einer Phase, in der Nemetschek das Geschäft von Lizenzen auf ein Abonnementmodel mit wiederkehrenden Umsätzen umstellt. „Für uns ist es sehr, sehr wichtig, dass nicht nur Kunden, sondern auch Investoren uns immer folgen können und verstehen, welche Schritte wir gehen und wie wir unsere Ziele erreichen“, berichtet die Finanzchefin. „Dafür braucht man neben einer klaren Strategie eine intensive Kommunikation.“

„Das nächste Kapitel“

In der ersten Hälfte dieses Jahres machte das Abomodell gut 92% des Umsatzes von 573 Mill. Euro aus. Mit Blick in die Zukunft stellt Öfverström klar: „Es geht in Richtung 95%, aber 100% werden wir nicht erreichen.“ Der Grund ist einfach: „Es gibt Kunden wie Behörden und ein paar Sonderfälle, die nur Lizenzen erwerben dürfen.“

Nach mehreren Stationen in Industrieunternehmen wie Linde, MAN und Thyssenkrupp ist Öfverström seit gut zweieinhalb Jahren auf der Softwareseite, wie sie es formuliert. Die Begeisterung ist ihr anzumerken. „Ich bin gern in Unternehmen, wo ich die Chance habe, das nächste Kapitel einer starken, langjährigen Story mitschreiben zu dürfen", sprudelt es aus ihr heraus. „Das kann eine Wachstumsphase sein, aber auch eine Umbruchphase.“ Sie brauche jedenfalls immer einen neuen Impuls: „Ich sage immer: Ich komme aus Schweden, ich kann nur in kaltem Wasser schwimmen, weil ich das von Kindesbeinen an gewöhnt bin.“

„Nie auf Kosten des Wachstums“

Nemetschek übertrifft das Marktwachstum. „In diesem Jahr werden wir erstmals mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz erzielen“, kündigt Öfverström an. „Im Jahr 2030 werden wir wahrscheinlich die 2 Mrd. Euro knacken.“ Die Digitalisierung der Branche nimmt weiter zu, in Baufirmen von einem recht niedrigen Niveau. „Wir haben noch viel Potenzial vor uns.“ Sie hält ein Wachstum von durchschnittlich 15% im Jahr für realistisch.

Das Abomodell steigert dank Skaleneffekten die Profitabilität. „Wir liefern den Kunden aber auch einen Mehrwert", betont die Schwedin. „Das Abomodell macht es uns möglich, mehr Features einzubringen und mehr Updates zu machen.“ Die Prioritäten seien für den Vorstand eindeutig: „Wir werden nie die Marge auf Kosten des Wachstums optimieren“, beteuert sie. Wachstum werde weiterhin den Wert des Unternehmens steigern. „Nur die Marge zu erhöhen, wäre ein viel leichteres Spiel.“