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Francotyp-Aufsichtsrat lässt Günther fallen

Von Helmut Kipp, Frankfurt Börsen-Zeitung, 15.2.2020 Bei Francotyp-Postalia, einem in Berlin ansässigen Hersteller von Frankier- und Kuvertiermaschinen, geht es hoch her. Der seit einiger Zeit schwelende Konflikt zwischen dem größten Aktionär und...

Francotyp-Aufsichtsrat lässt Günther fallen

Von Helmut Kipp, FrankfurtBei Francotyp-Postalia, einem in Berlin ansässigen Hersteller von Frankier- und Kuvertiermaschinen, geht es hoch her. Der seit einiger Zeit schwelende Konflikt zwischen dem größten Aktionär und dem Vorstandschef ist zu einer Fehde eskaliert, wie sie selten bei einem börsennotierten Unternehmen zu bestaunen ist. Der Aufsichtsrat, der den CEO lange zu stützen schien, hat nun einen Frontalangriff gestartet und will einen neuen Konzernlenker installieren.Per Ad-hoc-Meldung verkündet das Kontrollgremium die Berufung von Carsten Lind in den Vorstand. Er werde bis 1. Juni 2020 antreten, möglicherweise früher, heißt es. Es sei geplant, Lind zum neuen Vorstandsvorsitzenden zu machen, “sofern diese Position vakant wird”. Der derzeitige Vorstandschef Rüdiger Andreas Günther soll gehen. Ihm wird eine Aufhebungsvereinbarung vorgeschlagen.Begründung: Differenzen in Bezug auf die Umsetzung der Konzernstrategie. Um was es dabei geht, bleibt für Außenstehende im Dunkeln. Dabei hatte Aufsichtsratschef Klaus Röhrig den seit 2016 amtierenden Günther noch im Juni 2019 mit einer Vertragsverlängerung bis Ende 2022 ausgestattet. Damals hatte Röhrig, Gründungspartner der mit 9,5 % an Francotyp beteiligten Active Ownership, den Manager in auffälliger Weise gelobt. Gemeinsam mit den Vorstandskollegen Sven Meise und Patricius de Gruyter treibe Günther die nachhaltige Wachstumsstrategie in digitalen Märkten wie dem Internet of Things konsequent und engagiert voran. Er begrüße es sehr, dass Günther als CEO und CFO den eingeschlagenen Weg der Neupositionierung fortsetzen werde.Da Röhrig sich nun gegen Günther stellt, dürfte der Machtkampf entschieden sein. Sieger ist Rolf Elgeti, der über seine Obotritia Capital 20,7 % der Aktien besitzt. Der gebürtige Rostocker und glühende Hansa-Fan, der sich in jungen Jahren einen Namen als Aktienstratege machte und später an die Spitze des Immobilienkonzerns TAG wechselte, musste kräftig Druck machen, um sich durchzusetzen. Er verlangte nämlich die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Einziger Tagesordnungspunkt: ein Beschluss, Günther das Vertrauen zu entziehen. Der Aufsichtsrat, der über die Bestellung und Abberufung von Vorständen entscheidet, war damals dazu offenbar noch nicht bereit. Sonst hätte es dieses Affronts nicht bedurft.Günther ist bisher nicht gewillt, in den Aufhebungsvertrag einzuschlagen. Er wolle sein Mandat erfüllen, ließ er am Freitag mitteilen. Die Ziele für 2019 seien erfüllt worden. Der frühere deutsche Meister in Karate gilt als jemand, der Konflikten nicht aus dem Weg geht. Im Jahr 2007 setzte ihn der damalige Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley nach wenigen Monaten als CFO des Halbleiterkonzerns Infineon vor die Tür. Günther wehrte sich dagegen. Der Streit zog sich wochenlang hin. Der 1958 geborene Betriebswirt begann seine Laufbahn als Investmentbanker, wechselte zu Metro und zum Landmaschinenhersteller Claas, wo er zum Sprecher der Geschäftsführung aufstieg. Später arbeitete er als CFO für Arcandor und Jenoptik.Der 54-jährige Lind ist Partner des Finanzinvestors Bavaria Industries. An der Börse scheint die Berufung des Private-Equity-Managers Zerschlagungsfantasie auszulösen. Jedenfalls ist der Aktienkurs zuletzt kräftig gestiegen. Elgeti dürfte das gefallen. Er hält Francotyp-Postalia ohnehin für unterbewertet.